Ich war dabei

Diese Prüfung war ja wohl in mehrfacher Hinsicht ein Novum und ich war dabei 🙂 Ich war nicht nur dabei. Ich habe es durchgezogen und abgegeben. Es war für mich wirklich erstaunlich, wie viele vorzeitig aufgegeben haben, z. B. nach dem zweiten Tag einfach abgereist sind, aber das kam für mich nicht in Frage. Die beiden Jahre waren jetzt so oder so futsch und der Spaß war teuer genug, da können die mein Kunstwerk jetzt auch durchkorrigieren, ist ja mein erster Versuch gewesen. Ich habe es auch nicht bereut, dass ich täglich heimgefahren bin. Klar, es war eine ordentliche Strecke und passieren kann immer was, aber selbst zu Fuß kann es das. So hatte ich den nötigen Abstand und die nötige Ruhe, um einen Tag abhaken und mich auf den nächsten konzentrieren zu können. Heute habe ich noch einen Tag Ruhepause, am Montag muss ich dann wieder ran.

ABLAUF: Sabrina hatte mich ja schon vorgewarnt, was auf mich zukommt, dass alle Teilnehmer jeden Tag alphabetisch aufgerufen werden zwecks Verlosung der Sitzplätze usw. Wie erwartet am ersten Tag A-Z, am zweiten umgedreht und am dritten wieder normal. Somit hat man mal mehr, mal weniger Zeit sich einzurichten, wobei in Fürth wirklich jedem die nötige Zeit gegeben wurde. „Prüfungsbeginn 9.00 Uhr“ ist auch nicht wirklich fix, bei uns war es fast halb 10 – das hat die Nervosität am ersten Tag etwas gesteigert. Ich fand es ziemlich kalt in dem großen Raum, aber ruhig. Ich empfand die Atmosphäre zum Schreiben recht entspannt, die Prüfungsaufsicht hat sich dezent zurückgehalten, man konnte zur Toilette, wann man wollte (z. B. nicht immer stur nur 1 Person o. ä.), die Größe der Tische war in Ordnung, wenn auch nicht üppig, die Gesetze wurden nur kontrolliert, wenn man nicht da war (habe zumindest nichts anderes mitbekommen), die Blätter konnte man vorab mit seiner Prüfungsnummer beschriften und keiner hat gemeckert, wenn man nach der regulären Zeit noch durchnummeriert hat. Alles in allem war ich immer schnell „im Tunnel“ und habe geschrieben, was ich nur konnte. Mein Stift (Faber-Castell Gelroller Signo) hat mir treue Dienste geleistet – empfehlenswert. Genauso wie mir die WLW-Griffregister wahrscheinlich ein paar zusätzliche Punkte beschert haben, weil ich einiges dank der Stichworte doch noch schnell gefunden habe. Wie erwartet, wurden die Prüfungsaufgaben am Schluss eingesammelt. Über die Hintergründe wurde ja schon ausführlich und heiß spekuliert. Ich weiß, dass das zurzeit beispielsweise bei Abschlussprüfungen der IHK bei uns auch so gehandhabt wird. Finde ich persönlich nicht gut. Ich versuche für euch die Prüfung zu rekonstruieren:

TAG 1: In AO war es ein langer Sachverhalt. Im Grunde ein EStB 2010 eines Gewerbetreibenden, der bereits mehrfach geändert wurde und einen VdN hatte, er beinhaltet u. a. einen Gewinnanteil. Der Feststellungsbescheid zu diesem Gewinnanteil war richtig, allerdings war in der Mitteilung von FA A an FA B ein Zahlendreher, wodurch der falsche Wert im EStB 2010 gelandet ist. Reingepackt war noch eine BP mit Änderungsbescheid, weswegen noch ein Einspruchsverfahren läuft und die Frage war, ob und wie dieser Gewinnanteil noch richtiggestellt werden kann. Für mein Empfinden eine faire Aufgabe, allerdings insofern schwierig, dass man entweder einen roten Faden reinbringt oder sich selbst aus dem Examen schreiben kann. Die UST beinhaltete sechs Textziffern zu einem EU. Ein Gebäude mit der Nutzung 1/3 privat und 2/3 Unternehmen war bisher gemietet und wurde dann vom Unternehmer gekauft und identisch weitergenutzt. Zusätzlich wurde dann das Nachbargrundstück gekauft um Kundenparkplätze zu schaffen. Dann gab es noch ein Reihengeschäft mit privatem Endabnehmer in Österreich. Anschließend wurde Berufskleidung per igE erworben und gegen einen geringen Unkostenbeitrag an die Mitarbeiter ausgegeben. Aufgrund einer Werbeaktion erhielten Kunden bei Kauf eines TV-Gerätes einen Fußball kostenlos dazu, Erwerb Fußbälle, Entnahme eines Balles für den Enkel. Diebstahl der Tageseinnahmen, Dieb konnte aber mit einem Teil der Beute gefasst werden. Als Krönung gründete der EU dann noch eine GmbH, brachte alles ein außer dem Grundstück, was bei mir eine Organschaft mit Innenumsätzen ergab. Als ich dann nachmittags bei der ERBST ankam und auf ein paar sichere Punkte hoffte, wurde ich enttäuscht. Ein sehr wirrer Sachverhalt. Klar, Herr Rundlich musste sterben, aber nebenbei gab es noch diverse Schenkungen, die alle behandelt werden mussten und ein Vermächtnis, ein eheliches und ein uneheliches Kind, sehr viele Sachverhalte zur Grunderwerbsteuer (ich tippe hierzu auf ca. 6-8 Punkte), keine Grundstücksbewertung, dafür ein vereinf. Ertragswertverfahren für sein Gewerbe mit für mich zu vielen Details in der Kürze der Zeit.

TAG 2: Im EST-Teil ging es um Steuerabzugsbeträge in jeder Hinsicht (pauschalierte Lohnsteuer, Soli, Kirchensteuer, Bauabzugsteuer, Kapitalertragsteuer, §50a EStG). So eine Klausur hatte ich in meiner Vorbereitung noch nicht gesehen, es fiel mir daher anfangs schwer, einen Lösungsaufbau zu formulieren, wie tief sollte ich einsteigen etc. Da ich in meiner Praxis das meiste auch bearbeite, wusste ich zumindest, auf was die Fragestellung hinauswollte. Jemand, der noch nie mit Lohnabrechnungen konfrontiert war oder keine KESt-Anmeldungen gemacht hat oder zumindest mal eine §48b-Bescheinigung beantragt hat, tut sich schwer, den Einstieg und die Fundstellen zu finden. Beispiele aus der Prüfung: kurzfr. Beschäftigung, Mahlzeiten bei außergewöhnl. Arbeitseinsatz, Fälle und Ausnahmen der Bauabzugsteuer, vGA, Betriebsveranstaltung (neues BMF), §50a bei einer ausländ. Band, Gesellschafterdarlehen, typ. stille Gesellschaft, oGA, Jobticket, Geburtstagsgeschenk und Weihnachtsgeschenk Mitarbeiter, Rechnung Glühwein-Stand, Gruppenunfallversicherung, VIP-Tickets für einen Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten. Im Teil KST/GEWST gab es zwei getrennte Sachverhalte. Für eine GmbH sollte für drei Jahre jeweils zvE und stl. Einlagekonto berechnet werden. Hier gab es u. a. eine Pensionsrückstellung, verdeckte Einlage, Beteiligungsverkauf mit nachträglicher Kaufpreisminderung, Tod des GGF und Übernahme durch die Tochter, vGA KFZ-Nutzung. Der zweite Fall drehte sich um Verlustvorträge bei KSt und GewSt bei einer GmbH und OHG, wo jeweils Gesellschafter wechselten (einmal 60% bei der OHG und 40% bei der GmbH), also §10a GewSt und §8c KStG.

TAG 3: Dieser Tag hatte mir im Vorfeld am meisten Bauchschmerzen beschert und nach Tag 1 und 2 mussten wir ja auf alles gefasst sein. Allerdings waren die Aufgaben dann erfrischend normal und sind größtenteils in der Vorbereitung auch aufgetaucht. Es gab drei Teile: Einzelunternehmen (nur Steuerrecht), OHG (nur Steuerrecht) und GmbH (Handels- und Steuerrecht). Beim Einzelunternehmen musste eine Anpassung nach einer BP vorgenommen werden, Rückstellung Abrissverpflichtung Mietereinbau nach Vertragsablauf mit einmaliger Verlängerung des Mietvertrages, nachträgliche Herstellungskosten eines Betriebsgebäudes im Rahmen der BP mit Weiterbehandlung nach Ablauf der degressiven Geb.-AfA, Steuerverbindlichkeiten aus der BP, Teilwertbestimmung bei Aktien im AV, Teilverkauf der Aktien, TEV außerhalb der Bilanz. Bei der OHG mit bisher zwei Gesellschaftern ist zum Jahreswechsel 01.01.2015 ein dritter Gesellschafter aufgenommen worden, was bei mir zu einem §24 UmwStG-Fall führte mit sämtlichen Ergänzungsbilanzen, einer Sonderbilanz und Fortentwicklung des Ganzen zum 31.12.2015. Die GmbH war mittelgroß und hatte vier Einzelsachverhalte, die jeweils handelsrechtlich und steuerrechtlich zu beurteilen waren mit Buchungssätzen in verschiedenen Buchungskreisen usw.: Warenbewertung (Kunde tritt zurück und neuer Kunde zahlt weniger), Feststellungen USt-Sonderprüfung, Lieferung mit selbstschuldn. Bürgschaft und Insolvenz, vom GGF manipulierte Kasse.

Bitte seht es mir nach, wenn das vielleicht nicht ganz vollständig ist, ich kann mein Geschmiere kaum noch lesen und bin für den Moment einfach nur froh, dass es geschafft ist. Ich will auch gar nicht wissen, ob ich diesen oder jenen Ansatz richtig habe, das muss jetzt der Korrektor entscheiden, wo er mir Punkte geben kann und damit bleibt mir nur das Warten bis zur ersten Januarwoche 2017, in der es laut unserer Kammer die Ergebnisse mit der Post gibt.