Die Steuerberaterprüfung

Möglichkeiten der Prüfungsvorbereitung und Wahl der individuell optimalen Vorbereitungsalternative

von Andreas Wellmann, Köln, und René Jacobi, Berlin

Aus eigener Erfahrung ist bekannt, dass es verschiedene Arten des Lernens gibt: Manche können sich einen Lernstoff gut merken, wenn sie ihn lesen, andere, wenn sie einem Vortragenden zuhören und wieder andere lernen am besten, wenn sie schreiben oder sich mit Mitlernenden über die Inhalte austauschen. Weitere Faktoren, die für die Festlegung einer optimalen und erfolgreichen Prüfungsvorbereitung eine wesentliche Rolle spielen, sind insbesondere die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sowie die berufliche Situation. Die verschiedenen Möglichkeiten der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung sowie Tipps zur Auswahl der idealen Alternative sind Gegenstand des nachfolgenden Beitrages.

Die Steuerberaterprüfung

Die Steuerberaterprüfung gliedert sich in einen schriftlichen Teil – bestehend aus drei Aufsichtsarbeiten – und eine mündliche Prüfung (§ 37 Abs. 1 StBerG).

1. Schriftlicher Teil
Die schriftliche Steuerberaterprüfung besteht aus drei in jeweils sechs Stunden zu bearbeitenden Klausuren. Inhalte sind:

  • Verfahrensrecht, Umsatzsteuer und Bewertungsrecht/Erbschaftsteuer,
  • Ertragsteuern,
  • Buchführung und Bilanzierung.

Die schriftliche Prüfung wird in Form von zum Teil recht komplexen Sachverhalten gestellt. Die Sachverhalte sind überwiegend im Gutachtenstil zu bearbeiten.

Die Quote der vorzeitigen Abbrüche (Bis 10 Minuten vor Ablauf der Prüfungszeit am letzten Examenstag kann die Prüfung abgebrochen werden. Dies wird nicht als Fehlversuch gewertet.) und die Durchfallquote bei dieser Prüfung sind sehr hoch, was in erster Linie durch die Fülle des Stoffes und die Länge der Klausuren begründet wird. Es werden maximal 100 Punkte pro Klausur vergeben, die Prüfungsteilnehmer sind jedoch sowohl aufgrund der Komplexität der Sachverhalte als auch aus Zeitgründen kaum in der Lage, diese auch zu erreichen, selbst wenn sie den gesamten Stoff beherrschen. Beide Gründe spielen eine große Rolle für die Vorbereitung, die Stofffülle bedingt eine lange Vorbereitungszeit und die verlangte Klausurtechnik und die große Zeitnot bedingen ein ausgiebiges Klausurentraining für einen erfolgreichen Abschluss. Für alle Formen der Vorbereitung gilt jedoch, dass aufgrund der beschränkten Anwendung des materiellen Steuerrechts in der praktischen Tätigkeit eine ausgiebige theoretische Vorbereitung für das Steuerberaterexamen unerlässlich ist.

2. Mündlicher Teil
Die mündliche Prüfung besteht aus einem Kurzvortrag und diversen Fragerunden mit insgesamt sechs Prüfern. Inhalt sind neben Steuerrecht und Bilanzierung auch Themen, die in der schriftlichen Prüfung nicht verlangt wurden, wie

  • BGB, Europarecht,
  • Wirtschaftsrecht,
  • Berufsrecht,
  • Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre.

Die Fragen zu diesen Themen beschränken sich auf Basiswissen, sind aber zum Teil extrem breit gestreut.

Der Prüfungsstil ist logischerweise ein anderer als in der schriftlichen Prüfung. Die Prüfung beginnt mit einem Kurzvortrag, dem eine 20 – 30-minütige Vorbereitungszeit vorangeht. Anschließend werden die Kandidaten in sechs Fragerunden in Form kleiner Sachverhalte zu allen Themen befragt, d. h. neben dem reinen Fachwissen spielen in der mündlichen Prüfung rhetorische Fähigkeiten und grundsätzliches Problemlösungsverhalten gegenüber Mandanten eine sehr große Rolle.

Vorbereitungsalternativen

1. Berufsbegleitende Vorbereitung
Berufsbegleitende Präsenzkurse beginnen 12 – 18 Monate vor der schriftlichen Prüfung. Die Teilnehmer besuchen wöchentlich einen Präsenzkurs, erhalten dort Skripten und Übungsfälle und müssen von Beginn an den vermittelten Lehrstoff regelmäßig nacharbeiten.

In den ersten Monaten der Vorbereitung steht aufgrund der durch die praktische Tätigkeit eingeschränkten Betätigungsfelder die Nacharbeit, Wiederholung und Vertiefung des Unterrichtsstoffes im Vordergrund. Nach einigen Monaten beginnt das Klausurentraining, welches i. d. R. in einen längeren Klausurenkurs im August/September vor der Prüfung mündet. Es sollten mindestens 25 – 30 sechsstündige Klausuren geschrieben, nachbesprochen und nachgearbeitet werden.

2. Fernkursvorbereitung / Literaturstudium
Eine Alternative ist ein Fern- oder Literaturstudium mit zusätzlichem Klausurenfernkurs in der zweiten Vorbereitungshälfte. Ein reines Literaturstudium hat aufgrund der redaktionellen Beschränkungen den Nachteil, dass die zur Verfügung stehende Literatur nicht unbedingt auf dem für die Prüfung notwendigen Rechtsstand ist. Zudem muss der Autodidakt selber selektieren, welcher Sachgebietsstoff für das Steuerberaterexamen relevant sein könnte und dementsprechend die notwendige Fachliteratur für das eigenständige Lernen erwerben. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Prüfung ein großer Nachteil, da dies zumeist noch neben dem Job, der einen 40 – 50 Stunden die Woche beansprucht, erledigt werden muss.

Ein Fernkurs hat den Vorteil, dass die Unterlagen speziell für die Prüfungsvorbereitung aufbereitet werden und den prüfungsrelevanten Stoff beinhalten und zudem den für die Prüfung notwendigen Rechtsstand haben. Ein weiterer Vorteil ist, dass einzelne Lehrbriefe in regelmäßigen Abständen zugesendet werden und es hierdurch einen gewissen disziplinierenden, anleitenden Effekt gibt.

In einem abschließenden Klausurenfernkurs erhalten die Teilnehmer wöchentlich Klausuren, haben einige Tage Zeit diese zu lösen und zur Korrektur einzusenden. Zudem erhalten sie neben der individuellen Korrektur der Klausur auch ausführliche Lösungshinweise, die zusammen mit den gesetzlichen Grundlagen das detaillierte Nacharbeiten der Klausuren ermöglichen.

3. Vollzeitvorbereitung
Die traditionelle Form der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung ist die Vollzeitvorbereitung, bei der sich die Teilnehmer, wie der Name schon sagt, in Vollzeit auf die Prüfung vorbereiten.

Im Mittelpunkt steht ein Hauptkurs, der zwischen 8 und 15 Wochen andauert und im Mai oder Juni beginnt. In diesem Fall besuchen die Prüfungskandidaten 5 bzw. 6 Tage die Woche einen Präsenzkurs und beginnen nach 3 – 4 Wochen die ersten Übungsklausuren zu schreiben. Um die optimale Effizienz dieser Vorbereitungsform zu gewährleisten, ist eine tägliche Nacharbeit des vermittelten Lernstoffes unabdingbar. Viele dieser Vollzeitkurse finden in kleineren Orten, abseits jeglicher Ablenkungen statt.

Abgeschlossen wird die Vollzeitvorbereitung wie die berufsbegleitende Vorbereitung mit einem Klausurenkurs.

4. Kombinierte Formen
Ein neueres Vorbereitungskonzept ist die Mischung aus Vollzeit und berufsbegleitender Vorbereitung. Bei diesen Vorbereitungskursen findet der Unterricht in einigen Vollzeitblöcken statt (i. d. R. 4 Wochen über 12 – 15 Monate verteilt) und an jedem zweiten Samstag berufsbegleitend. Dies vermeidet bei starker beruflicher Belastung den Stress über 12 – 16 Monate hinweg jeden Samstag einen Präsenzkurs zu besuchen und den Stoff nacharbeiten zu müssen.

Die optimale Vorbereitungsart

WELCHE ALTERNATIVE IST FÜR MICH DIE BESTE?

Für welche Vorbereitungsart sollte man sich nun entscheiden? Es spielen folgende Faktoren eine Rolle:

  • die finanziellen Möglichkeiten,
  • der Wohnort,
  • die private Situation,
  • die berufliche Situation,
  • der eigene Lerntyp.

Entscheidend sind u. E. die Faktoren Lerntyp und private und berufliche Situation. Im Idealfall wird die Vorbereitung ausschließlich an den eigenen Erfordernissen, die ungeheure Stofffülle zu erlernen und anschließend auch in Klausurlösungen umzusetzen, gewählt. Eingeschränkt wird die Wahl jedoch durch die Faktoren finanzielle Möglichkeiten und Wohnort.

Verfügt man für die ideale Vorbereitung über die entsprechenden finanziellen Mittel? Gibt es überhaupt den gewünschten Vorbereitungskurs in der Nähe zum eigenen Wohnort?

1. Die Kosten der Vorbereitung
Die Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen ist teuer. Diese sollte man zwar als Investition verstehen und hier langfristig denken und nicht wegen einiger gesparter Euro den Erfolg in der Prüfung aufs Spiel setzen, nichtsdestotrotz müssen die finanziellen Mittel vorhanden sein. Welche Kosten kommen auf einen Prüfungsteilnehmer zu:

  • Prüfungsgebühren (1 000 € + 200 € Zulassungsgebühren),
  • Kosten für Bücher und andere Lernmaterialien,
  • Kosten für Vorbereitungskurse,
  • bei der Vollzeitvorbereitung u. U. Kosten für Verdienstausfall und Unterkunft.

Die vorhandenen finanziellen Mittel schränken u. U. die Wahl der Vorbereitungsart erheblich ein. Am kostengünstigsten ist das Selbststudium mit Büchern, gefolgt von Fernkursen, der berufsbegleitenden Ausbildung und – am teuersten – der Vollzeitvorbereitung mit Verdienstausfall und Unterkunft vor Ort. Die Wahl der Vorbereitung sollte im Idealfall aber optimal auf die weiteren Faktoren abgestimmt sein, die Kosten sollten nur im Falle eingeschränkter finanzieller Möglichkeiten eine Rolle spielen.

2. Der Wohnort
Im Falle einer Vorbereitung mit Hilfe eines berufsbegleitenden Kurses schränkt der Wohnort u. U. die Möglichkeiten ein. Berufsbegleitende Kurse sind in allen Ballungszentren und nur vereinzelt in Städten unter 150.000 Einwohnern zu finden. Wer in einer Kleinstadt wohnt oder in einer sehr ländlichen Gegend und die wöchentliche Anfahrt von 1 – 2 Stunden scheut oder gar eine noch längere Anfahrt zum nächsten berufsbegleitenden Kurs hat, für den kommen nur Selbststudium/Fernkurs oder eine Vollzeitvorbereitung mit Unterbringung in Betracht.

Vollzeitkurse gibt es in einigen kleineren Orten sowie in allen Ballungszentren, jedoch nicht in mittelgroßen Städten, in denen es noch eine berufsbegleitende Ausbildung gibt. Für die Fernkursvorbereitung bzw. die Vorbereitung im Selbststudium spielt der Wohnort selbstverständlich keine Rolle.

3. Die private Situation
In welcher privaten Situation befindet sich der Prüfungskandidat während der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung? Eine erfolgreiche Vorbereitung bedeutet großen Zeiteinsatz und eine große nervliche Belastung. Beides verlangt einen verständnisvollen Partner, der auch bereit ist, durch Verzicht und eigenen Einsatz zu unterstützen.

Im Falle des Selbststudiums/Fernkurses stellt sich die Frage, ob man die Zeit und Ruhe hat, zu Hause sehr viel zu lernen. Besonders beim Training der Übungsklausuren ist Ruhe wichtig. Ist der tägliche „Trubel“ zu Hause doch zu groß, sollte man sich einen ruhigen Platz außerhalb der eigenen „4 Wände“ zum Lernen suchen.

Berufsbegleitender Kurs: Auch hier ist viel Selbststudium notwendig. Hinzu kommt, dass ein Kursbesuch den ganzen Samstag oder zwei Abende die Woche in Anspruch nimmt.

Die Vollzeitausbildung verlangt die uneingeschränkte Aufmerksamkeit über einen Zeitraum von 3 – 4 Monaten. Die Vorbereitung auf einen Vollzeitkurs lässt sich noch ganz gut zu Hause mit Partner und Kindern und deren Wunsch nach Aufmerksamkeit bewerkstelligen. Der Vollzeitkurs selber sollte ohne Familie stattfinden. Oft finden diese Kurse daher in ländlichen Gebieten mit Unterbringung vor Ort statt. Diese Vorbereitung ist aber nur möglich, wenn Partner und/oder Kinder 3 – 4 Monate verlassen werden können.

Fazit
– Besteht die Möglichkeit ausdauernd in Ruhe zu Hause über 12 Monate oder länger zu lernen?
– Besteht die Möglichkeit und auch die Motivation, Partner und Familie für 3- 4 Monate zu verlassen oder zumindest extrem zu vernachlässigen?

Dies sind die entscheidenden Fragen, die bei der Planung der Vorbereitung gestellt werden müssen.

4. Die berufliche Situation
Wie hoch ist die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit? Bestehen Arbeitszeiten an einem festen Arbeitsplatz? Ist eine Freistellung im Sommer vor der Prüfung möglich?

Die berufsbegleitende Ausbildung verlangt wöchentliche Kursbesuche und – sehr wichtig – regelmäßiges gleichmäßiges Lernen über einen Zeitraum von 12 – 14 Monaten.

Der Vorteil des Selbststudiums/Fernkurses ist die zeitliche und örtliche Flexibilität. Der Prüfling kann lernen, wo und wann er möchte (für einige Lernende bestimmt ein Nachteil, Präsenzkurse haben auch eine disziplinierende Komponente).

Die Vollzeitvorbereitung verlangt wiederum einen völligen Verzicht auf berufliche Aktivitäten über einen Zeitraum von 3 – 4 Monaten. Darüber sollte im Voraus Klarheit bestehen und dies sollte auch wirklich durchgesetzt werden, sonst ist der Misserfolg vorprogrammiert, was im Klartext bedeutet: verzichten Sie auf die Vollzeitausbildung, wenn Sie sich nicht vollständig aus dem Berufsleben zurückziehen können.

5. Das Lernen
Was Lernen und Lerntechniken angeht, können bei der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung zwei Aspekte unterschieden werden:

  • 1. Aspekt: Der notwendige Inhalt muss gelernt und in Klausuren angewendet werden.
  • 2. Aspekt: Der Prüfungskandidat muss lernen, in drei Tagen drei Klausuren à sechs Stunden in höchstem Tempo und höchster körperlicher und mentaler Konzentration zu bearbeiten bzw. sich in der mündlichen Prüfung sachlich und überzeugend darzustellen.

Zu Aspekt 1 (Lernen und anwenden des Erlernten):
Lernen verläuft individuell unterschiedlich. Es muss aber irgendwie gelingen, die gewaltige Stofffülle aufzunehmen und in Klausuren abrufen zu können. Nachfolgend werden zum Thema Lernen und Lerntechniken zwei unterschiedlich Theorien und deren Konsequenzen für die Vorbereitung vorgestellt.

Theorie der Lerntypen:
(Der eigene Lerntyp lässt sich recht gut auf dieser Internetseite herausfinden)
Die Aufteilung in unterschiedliche Lerntypen ist wissenschaftlich umstritten, nichtsdestotrotz aber sehr populär. Menschen nehmen Lerninhalte auf unterschiedlichen Wegen auf und sie verarbeiten diese Informationen auf ihre ganz persönliche Art und Weise. Individuell verschiedene Erbanlagen, Umwelteinflüsse und Erfahrungen beeinflussen unsere Art zu lernen. Die Lerneffektivität lässt sich nach dieser Theorie durch den Einsatz des optimalen Wahrnehmungskanals erhöhen. Die folgenden Lerntypen werden unterschieden:

(1) Auditive Lerntypen haben mit reinem Frontalunterricht am wenigsten Probleme. Sie hören gerne zu und saugen Informationen mit den Ohren auf. Musik beim Lernen – wovon meist abgeraten wird – kann die Produktivität des auditiven Lerners verbessern. Lerntexte sollten laut gelesen werden, damit sich der Inhalt besser einprägt. Auch das Aufnehmen von Informationen mit Hilfe von audiovisueller Technik ist empfehlenswert. Konsequenzen für die Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung: Für diesen Lerntyp ist Präsenzunterricht unabhängig von der Gruppengröße die beste Form der Vorbereitung. Klausurentraining ist eher unangenehm, hier muss sich ein auditiver Lerntyp durchboxen und sich quälen, um die notwendige Ausdauer für das Examen im Oktober zu erlangen.

(2) Visuelle Lerntypen verlassen sich beim Lernen in erster Linie auf die Augen. Für sie müssen Informationen übersichtlich und optisch ansprechend aufbereitet sein. Wesentliches sollte mit Textmarkern hervorgehoben werden. Zeichnungen oder Skizzen können selbst komplizierte Textaufgaben einfach erscheinen lassen. Der visuelle Lerner sollte im Unterricht mitschreiben. Wichtig ist auch eine ansprechende Lernumgebung: Ein aufgeräumter Schreibtisch, dem eigenen ästhetischen Empfinden entsprechende Wohnaccessoires und ausreichend Platz zum Aufhängen von Lernpostern sind ein Muss. Konsequenzen für die Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung: Fernkurs oder Selbststudium sind eine ideale Vorbereitung. Voraussetzung ist jedoch eine angenehme Lernumgebung. Auch mit dem Klausurentraining sollte dieser Lerntyp keine Schwierigkeiten haben. Auf Nachbesprechungen im Rahmen eines Klausurenkurses sollte aber auch dieser Lerntyp nicht verzichten, da hier Inhalte vermittelt und Tipps gegeben werden, die nur im Präsenzunterricht vermittelbar sind.

(3) Motorische Lerntypen können nicht mehr als eine halbe Stunde am Stück am Schreibtisch sitzen. Ihr Bewegungsdrang sollte und kann nicht unterdrückt werden. Besser ist es, die Unruhe in sinnvolle Bahnen zu lenken. So hilft es motorischen Lernern, wenn sie beim Lernen von einer Zimmerecke in die andere gehen. Das gleichzeitige Aussprechen der Lerninhalte verbindet den motorischen mit dem auditiven Kanal. Konsequenzen für die Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung: Dieser Lerntyp dürfte es sowohl in der Vorbereitung als auch in der Prüfung selber am schwersten haben. Im Rahmen der Vorbereitung kann sich dieser Lerntyp noch an seine Bedürfnisse anpassen, d. h. viel Bewegung beim Selbststudium und in den Pausen eines Präsenzkurses. Zudem ist ein berufsbegleitender Vorbereitungskurs ganz klar zu bevorzugen, drei Monate Vollzeit mit Unterricht von 9 – 16 Uhr dürften eine schreckliche Vorstellung für diesen Lerntypen sein. Das Examen selbst widerspricht aber vollkommen seinem Bewegungsdrang. Hier ist ein ausgiebiges Klausurentraining zur Anpassung an die Examenssituation absolut notwendig. Und zwar nicht zu Hause, sondern unter Prüfungsbedingungen, um wirklich sechs Stunden Stillhalten und Konzentration ohne Bewegung zu trainieren. Motorische Lerntypen sind dafür in der mündlichen Steuerberaterprüfung im Vorteil gegenüber den anderen Typen.

(4) Kommunikative Lerntypen bringen sich gerne aktiv in den Unterricht ein. Sie lernen am liebsten in einer Gruppe von Gleichgesinnten, mit denen sie sich über den zu lernenden Stoff austauschen können.

Eine gute Lernmethode ist die Quizshow: Jedes Mitglied der Lerngruppe schreibt Fragen zum aktuellen Lernstoff auf Karteikarten. Die Karten, auf denen jeweils immer nur eine Frage steht, werden zugedeckt auf den Tisch gelegt. Jeder Mitspieler zieht reihum eine Karte und versucht, eine möglichst gute Antwort zu finden. Kann die Frage ohne jegliche Hilfen beantwortet werden, gibt es zwei Punkte; muss nachgeschlagen werden, nur einen. Falsche oder keine Antworten schlagen mit null Punkten zu Buche. Der Gewinner darf bestimmen, wer das nächste Treffen ausrichtet.

Konsequenzen für die Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung: Präsenzunterricht nur in kleinen Gruppen. In Gruppen bis maximal ca. 30 Teilnehmer kann in der Steuerberaterausbildung immer noch vernünftiger interaktiver fallorientierter Unterricht durchgeführt werden. Neben dem Präsenzunterricht sollte der kommunikative Lerner sehr viel mit einer Arbeitsgruppe lernen. Widerspruch und die daraus folgende Diskussion helfen gewaltig. Das Steuerrecht und das Arbeiten und Diskutieren in Lerngruppen ist geradezu ideal für diese Lerntypen. Sie sollten jedoch die Möglichkeit haben, die Ergebnisse der Diskussionen mit einem fachlich versierten Dozenten abzustimmen. Das Steuerrecht ist zu komplex und die Anzahl der Ausnahmen zu groß, als dass man in einer Lerngruppe Gleichgesinnter immer zur richtigen Lösung eines Problems kommt. Auch für den kommunikativen Lerntyp ist der Stil der mündlichen Prüfung ganz klar ein Vorteil.

Theorie des situierten Lernens:
(Der folgende Text wurde Wikipedia entnommen und gekürzt.)
Theorien situierten Lernens haben eine gemeinsame Ausgangsannahme. Sie richten sich gegen Annahmen, dass Wissen von dem Lehrenden an den Lernenden übermittelt wird, so dass der Lernende nachher das gelernte Wissen in genau derselben Form besitzt wie der Lehrende. Lernen bedarf der Aushandlung von Bedeutung in der Situation und der Aushandlung in sozialen Bedingungsgefügen. Oder etwas anders formuliert: Wissen entsteht beim Lernenden durch einen aktiven Konstruktionsprozess neu. Hieraus sind Konsequenzen für die Gestaltung von Lernumgebungen zu ziehen.

Pädagogische Ansätze, die auf diesem Grundgedanken aufbauen, kritisieren besonders die Vermittlung von abstraktem Wissen mittels Frontalunterricht. Begründet wird dies mit einer so geschaffenen Lernsituation, die späteren Möglichkeiten der Wissensnutzung nicht entsprechen. Das Erlernte wird bei traditionellen Unterrichtsformen zu trägem Wissen. Es kann zwar behalten und reproduziert werden, jedoch fällt den Lernenden eine Anwendung dieses Wissens häufig schwer. Lern- und Anwendungssituationen sind möglichst ähnlich zu gestalten, da Wissen als stark kontextgebunden angesehen wird. Dies bedeutet also, dass die Situation, in der Lernen stattfindet, schon genauso gestaltet werden soll, dass sie der Situation, in der das Wissen genutzt wird, ähnlich ist. Nur auf diese Art kann das Unterrichtsziel, Wissen außerhalb von Lernsituationen zu verwenden, erreicht werden. Als Forderungen an den Unterricht ergeben sich daher folgende Aspekte:

– Lernen und Arbeiten in Gruppen,
– Nutzung von Hilfsmitteln,
– Berücksichtigung der Anwendungsgebiete des Wissens.

Die Rolle des Lehrenden
Der Lehrende hat eine andere Rolle beim situierten Lernen; er wird zum Unterstützer, Coach. Der Lernende und sein Lernprozess befinden sich im Mittelpunkt, und der Lehrende hat die Aufgabe, ihm Werkzeuge zu liefern und Hilfestellung zu geben. Der Lehrende soll ein Experte in seinem Fachbereich sein und mit dem Lernenden gemeinsam an einer komplexen Aufgabenstellung arbeiten. Dabei steht der Dialog zwischen ihnen im Mittelpunkt. Mit der Zeit lenkt der Experte immer weniger, vielmehr reagiert er auf Fragen des Lernenden.

Situierte Kognition und Instruktion
Es gibt verschiedene Modelle, die Instruktionen entwickelt haben, wie situiertes Lernen aussehen soll. Die Gemeinsamkeiten dieser Modelle lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Die Lernumgebung soll so gestaltet sein, dass es dem Lernenden möglich ist, an realistischen Problemen und authentischen Situationen zu arbeiten. Dies soll gewährleisten, dass dem Lernenden der Anwendungskontext klar wird, und dass eine Anwendung außerhalb der Lernsituation erfolgreich ist.
Den Lernenden sollen durch die Lernumgebung verschiedene Kontexte, in denen das Gelernte gesehen werden kann, geboten werden. Dem Lernenden soll klar werden, dass Wissen nicht nur auf einen Kontext bezogen werden kann, sondern auch auf neue Problemstellungen. Lernende sollen das Gelernte selbst artikulieren und reflektieren. Dabei soll es zu einer Abstraktion des Wissens kommen, um das Wissen später auf andere Probleme anzuwenden. Da das Wissen von den Lernenden auf diese Art selbst abstrahiert wird, unterscheidet es sich von direkt gelerntem abstraktem Wissen. Durch die eigene Abstraktion des Wissens wird dieses direkt mit Situationsbezügen verknüpft.

Gerade das Lernen in einem sozialen Kontext soll bei der Gestaltung von Lernumgebungen berücksichtigt werden. Kooperatives Lernen und Problemlösen, die Einrichtung von Lerngruppen und das Lernen und Arbeiten mit Experten sind hierbei wichtige Faktoren.

Welche Konsequenz folgt aus dieser Theorie für die Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen? Die Folgen für die Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung sind offensichtlich:

  • Fallorientiertes Lernen ist dem reinen Vortrag und dem Lesen von Texten vorzuziehen. Dies verlangt Präsenzunterricht und einen entsprechenden Unterrichtsstil des Dozenten. Das Selbststudium mit Büchern ist vollkommen ungeeignet, ein Fernkurs nur eingeschränkt zu empfehlen. Ob der Präsenzunterricht berufsbegleitend oder in Vollzeitform stattfindet, ist unerheblich.
  • Ausgiebiges Klausurentraining ist absolut unerlässlich. Diese schon mehrfach betonte Notwendigkeit wird hier bestätigt. Wichtig sind auch die Nachbesprechungen, diese sind angewandter Unterricht.
  • Lernen sollte in Arbeitsgruppen erfolgen. Auch die Wiederholung und Vertiefung des Stoffes sollten gemeinsam mit anderen vorgenommen werden.
  • Zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung müssen ausreichend Kurzvorträge geübt werden. Zudem sollten Prüfungssimulationen durchgeführt werden.

Zu Aspekt 2 (Klausurentraining):
Die Relevanz von Klausurnachbesprechungen wird vor dem Examen oft unterschätzt, im Nachhinein jedoch sehr hoch eingeschätzt. Hier hilft nur: schreiben, schreiben, schreiben, und zwar so viele Klausuren wie möglich.

Tipp: Am besten Sie schreiben unter Prüfungsbedingungen und nicht alleine zu Hause.

Wann diese Klausuren geschrieben werden, ist letztendlich egal. Es empfiehlt sich der Zeitraum April – September, da man erst dann über das notwendige Wissen verfügt wird, um eine 6- Stunden-Klausur auf Examensniveau auch vernünftig bearbeiten zu können. Zudem sollten, wenigstens in der finalen Phase ab Juli, immer einige Klausuren hintereinander geschrieben werden, mindestens drei, wie später im Examen. Es müssen aber nicht unbedingt zehn Klausuren in zwölf Tagen oder 20 in drei Wochen sein, diese können auch über einen längeren Zeitraum mit Unterbrechungen geschrieben werden.

Tipp: Da Klausurenkurse auch bei einer berufsbegleitenden Ausbildung an Wochentagen stattfinden, kann hierzu in einigen Bundesländern Bildungsurlaub beantragt werden (vorausgesetzt, der Kurs ist im Rahmen des Bildungsurlaubsgesetzes anerkannt). Dies ist aktuell in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein möglich.

Lehrgangsanbieter-Auswahl

WORAUF SOLLTE BEI DER AUSWAHL EINES LEHRGANGSANBIETERS GEACHTET WERDEN?

1. Gruppengröße
Die gemeinsame Fallbearbeitung ist nicht nur für den kommunikativen Lerntypen von Vorteil. Aufgrund der Komplexität des Steuerrechts ziehen auch die anderen Lerntypen Vorteile aus der gemeinsamen Erarbeitung der Lösung.

Nach unserer Erfahrung ist bei Gruppen bis 35 – 40 Teilnehmer noch ein intensiver interaktiver Unterricht möglich, der alle Teilnehmer, die in die Fallbearbeitung einbezogen werden wollen, auch einbezieht. Ein unauffälliges „Sich zurückziehen“ ist natürlich bei Gruppen in dieser Größe schon möglich. Bei Gruppen bis ca. 20 Teilnehmer wird ein guter Dozent darauf achten, alle Anwesenden in die gemeinsame Lösungsermittlung einzubeziehen. Sich dem Unterricht trotz physischer Anwesenheit zu „entziehen“, ist in diesem Fall nicht mehr möglich.

Für die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung sind aktives Kurzvortragstraining und die Teilnahme an einer Prüfungssimulation von großem Vorteil. Dies ist aber wirklich nur in kleinen Gruppen sinnvoll. Selbst Vorträge halten und die aktive Teilnahme an einer Simulation muss möglich sein.

2. Gasthörerbesuch
Auf jeden Fall sollten alle in Frage kommenden Lehrgangsanbieter durch einen Gasthörerbesuch im laufenden Kurs verglichen werden. Nur so bekommt man ein Feedback aus erster Hand über das eingesetzte Dozententeam und dessen Unterrichtsstil, das Skriptenmaterial und dem Engagement und der sonstigen Unterstützung durch den Lehrgangsanbieter. Sollte ein Gasthörerbesuch und/oder die Begutachtung des Skriptenmaterials verweigert werden, sollte der Lehrgangsanbieter nicht weiter in Betracht gezogen werden.

3. Skriptenmaterial
Neben den notwendigen Voraussetzungen wie Vollständigkeit und Aktualität ist der Nutzen von Skripten für jeden Lerntypen sehr unterschiedlich. Die Skripten sollte man sich auf jeden Fall genau anschauen.

Fazit

Die Entscheidung zur Vorbereitung verlangt zunächst eine detaillierte Analyse der gegebenen objektiven und subjektiven Rahmenbedingungen: den finanziellen Mitteln, der Entfernung vom Wohnort zum gewünschten Kurs und der persönlichen und beruflichen Situation, welche vorrangig entscheidungserheblich sind. Unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen kann nun die Vorbereitung den persönlichen Bedürfnissen und Wünschen entsprechend geplant werden. Dabei ist eines aber stets zu beachten: Die immense Bedeutung des Klausurentrainings darf man nie aus den Augen verlieren.