„Ich verstehe diese Prüfung nicht. Ich verstehe diese Prüfung nicht.“ so wiederholte heute mantraartig ein Mitprüfling nach der Ergebnisbekanntgabe, und dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Das Ergebnis von heute :
2,0 – bestanden (ich)
4,0 – bestanden
4,16 und 4,5 – leider nicht bestanden
Was war passiert?
Das Unheil heute nahm mit drei unschönen Vortragsthemen seinen Lauf:
1. Einbringung von Privatvermögen in das GHV einer PersG
2. Änderungen bei 371 AO, 398 AO und 170(6) AO ab 1.1.16 [Druckfehler, hätte 2015 heißen müssen]
3. Das Smartphone im Lohn – und Einkommensteuerrecht
Thema zwei konnte ich sofort ausschließen („ach, da gabs eine Änderung? „), mit Thema drei hätte ich keine zehn Minuten vollgebracht und im Thema 1 war ich mir ohne Erlasse etwas unsicher. Im Endeffekt haben alle Prüflinge Thema 1 genommen.
Ich denke, mein Vortrag ist ganz gut gelaufen, die Prüfer haben sich nichts anmerken lassen. Ich habe den Unterschied zwischen Einlage gg Gewährung von Gesellschaftsrechten und der Bildung einer gesamthänderisch gebundenen Rücklage dargestellt. An die Grunderwerbsteuer habe ich gar nicht gedacht, war aber auch so bei 9 Minuten (oder so ähnlich).
Eine Digitaluhr stand vor der Prüfungskommission, das habe ich aber erst während des Vortrags gemerkt und weiß daher meine Startzeit nicht 🙂
Fragerunde 1 – Berufsrecht, BWL, Bilanzierung
Aufgaben der StBK und der Bundessteuerberaterkammer, §70 (?) StBerG, unter welcher Nummer lassen sich Fortbildungen für Steuerberater subsumieren (Aufgabe der BstBK aber delegiert). Welche Pflicht verletzt ein Steuerberater der selbst privat Steuerhinterziehung begeht (Gewissenhaftigkeit wäre wohl falsch). Welche berufsrechtlichen Sanktionen gibt es.
Fazit: Ich war für mich froh dass hier eher die anderen dran waren. Der 4,0er konnte alle Sanktionen auswendig herunterbeten was spürbar Eindruck hinterlassen hat.
BWL
Unternehmensbewertung. Welche Verfahren, wann Ertragswert, wann greift Substanzwert. Wie funktioniert eine Bewertung nach IWS1. (das genaue Stichwort IWS1 sollte genannt werden. Habe ich in meinem Leben noch nicht gehört, dementsprechend wenig Ahnung wie es funktioniert)
Bilanzierung
kurzer Fall, OHG Anteil wird verkauft a) unter Buchwert b) über Buchwert; Behandlung in Ergänzungsbilanz
2. Fragerunde AO
Betrieb in Nürnberg, Wohnsitz in Fürth – > g+e für Einzelfirma und GbR sowieso
Unterschiede Sachverhaltsermittlung 88 AO und BP, Prüfung bei GbR – > nicht auch die privaten Verhältnisse der Gesellschafter eingeschlossen. Prüfer entdeckt noch nicht erklärten PC-Handel – es gibt wohl ein uraltes BFH Urteil dass bei neuen Einkunftsquellen die Prüfung auch ohne PA verwertet werden darf.
Klassische Prüfung einer Festsetzungsfrist
Fazit: flüssige Runde
10 Minuten Pause
Fragerunde 3 – BGB
Geschäftsfähigkeit, Schwebend unwirksam, Unterschied Einwilligung /Genehmigung, Kind wird 18 – > gibt sich selbst Genehmigung, Anfechtungsgründe (Arten von Irrtum), Vertretungsmacht bei KG und GmbH
Fazit: flüssige Runde, Prüferin hat viel geholfen wo nötig
Fragerunde 4 – Erbschaftsteuer
Sohn stirbt und vererbt durch Testament an Eltern. Was ist zu beachten? -> evtl Pflichtteilsansprüche Kinder, falls er welche hat
Welche Steuerbefreiungen sind denkbar, welche Freibeträge, Besonderheit unterschiedliche Freibeträge Erbfall/Schenkung
International: Beschränkte Steuerpflicht, fällt auch Bankkonto darunter, Option zur unbeschränkten, Vorteile (Freibeträge), Nachteile (10 Jahre davor, 10 Jahre danach auch einrechnen)
Berliner Testament : was ist das, Vorteile, Nachteile. (Änderung nur durch beide möglich, Verschenkung Freibeträge, Doppelbesteuerung, Letztversterbender kann Geld ggf ausgeben, dh Vorerbschaft evtl besser). Besonderheit 15(3) Erbstg. Die Nachteile gingen sehr zäh, und der Prüfungsvorsitzende zeigte deutlich seinen Unmut.
Pause 30min
Fragerunde 5
Sehr komische Runde mit Fragen die keiner richtig verstanden hat. Hier wurden hauptsächlich die beiden Kollegen mit 4,16 und 4,5 befragt.
SV 1, GmbH hält KG Beteiligung 50%, wie handelsrechtlich zu bilanzieren (StR war ausdrücklich kein Thema). KG erhöht Kapital und fordert Zahlung von GmbH ein. Zahlung erst im Folgejahr. Bilanzierung bei GmbH?
(der Fall wurde nicht richtig aufgelöst, die Beteiligung wäre wohl mit den erhöhten Werten zu bilanzieren gegen Verbindlichkeiten, aber wieso der Prüfer dann die Anhangangabe §285 Nr 3a HGb hören wollte… Keine Ahnung.
SV 2: GmbH wird am 31.1. in Liquidation geschickt, wie Rechnungslegung? Die Angabe Bilanz 1.1.-31.1., 1.2.-31.12., plus Liquidationseröffnungsbilanz reichte ihm nicht. Er wollte dann wissen wie der Mandant das günstiger haben kann. (habe ihn gefragt, ob ich eine praxisbezogene Lösung vorschlagen kann -> nein). Er wollte auf eine Wirtschaftsjahresänderung 1.2.-31.1. hinaus.
Nächste Frage, wer muss die WJ – Änderung beschließen? Der Prüfer wollte den Insolvenzverwalter hören, wir hatten nur eine Liquidation keine Insolvenz?!?
SV 3, kst Organschaft mit Fehlern in der Bilanz. (14 kstg neu). Frage vom Prüfer, „was ist wichtig“? ich schlug vor, dass der Gewinn voll abgeführt werden müsste, hören wollte er aber dass der JA festgestellt werden muss.
Fazit: sehr komische Runde
Fragerunde 6:
Steuerentstehung
Was ist Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung
warum ist das erbstg verfassungswidrig?
Wie kam der Fall zum BVerfG und was war das genau für ein Fall?
Besonderheiten der Finanzgerichtsbarkeit
Wie entstehen die EStR? (das war meine Frage. Auf Ausschweifungen zu UstAe und AEAO sowie EStDV – das hätte ich gewusst – ließ sich der Prüfer nicht ein. Dass der Bundesrat die Richtlinien genehmigen muss reichte ihm auch nicht. Es gäbe wohl im Grundgesetz irgendwo eine Ermächtigung für den Richtlinienerlass.
Neuregelung Bauträger, 13b UStG, Treu+Glauben, 27(19) UStG
Fazit: interessante, flüssige Runde,genauer Prüfer
Der 4,0er war fast nicht dran, es hat mich gewundert dass ich soviel dran war und nicht die Wackelkandidaten! 27(19) war zB am Schluss nochmal meine Frage, hier konnte ich aber punkten da ich das schonmal in der Praxis hatte 🙂
Wir waren uns eigentlich sicher, alle bestanden zu haben. Die 4,5erin hatte alles gewusst, manchmal war sie sogar so ausführlich dass die Prüfungskommission sagte „halt das reicht uns!“ Umso entsetzter waren wir als sie alleine reingerufen wurde…. den Rest könnt ihr euch denken.
Auch der 4,16er (die in Nürnberg wenig durchfallen) musste unerklärlicherweise alleine rein.
Ich habe wirklich keine Ahnung, was die 4,5erin hätte besser machen können. Fachlich hat alles gepasst und war super ausführlich.
Ich bin superfroh, dass ich mit einer so guten Vornote rein bin, denn heute hätte hier alles passieren können. Über meine bestandene Prüfung freue ich mich wann anders, übermorgen oder so.
Es bleibt ein bitterer Beigeschmack über die Willkürlichkeit mündlicher Prüfungen.
Ich habe fertig.