Fassungslos nach Tag 2 …

… also nach dem ESt-Fall im letzten Jahr war ich bereits auf Vieles gefasst, aber heute wurde definitiv nochmal alles bisher abgeprüfte übertroffen.

Zwischendurch hatte ich Zweifel, ob ich überhaupt in der richtigen Prüfung sitze und nicht ausversehen in der Weiterbildung zur Fachassistentin für Lohn- und Gehalt gelandet bin.

Wer von euch hat mit Geschenken, VIP Tickets, Weihnachtsfeier für AN, Werbeartikel, Steuerabzug bei Bauleistungen nach § 48 EStG gerechnet?

Ein Sachverhalt mit bestimmt 70 Punkten nur zu Lohnsteuer war schon wirklich sehr außergewöhnlich und prüft meiner Meinung nach kein richtiges Wissen ab, sondern nur, wer blättert und findet die Stellen in den Richtlinien und Erlass am schnellsten.

Für die heutige Klausur hat die ganze ESt-Vorbereitung inklusive Probeklausuren nichts abgedeckt! Leider sehr schade, dass man sein Wissen zu den ganzen (im Vergleich dazu) schönen Themen, wie z.B. § 16 ESt, Betriebsaufspaltung, vorweggenomme Erbfolge, Unwandlung, etc. nicht zu Papier bringen konnte.

Was meint ihr zur Prüfung? Wie seid ihr klargekommen?

Aber nicht den Kopf hängen lassen, durchatmen und entspannen für morgen!

76 Gedanken zu „Fassungslos nach Tag 2 …

  1. @johonny

    Glaub mir die Leute von den BigFour denken keinesfalls sie können das „mal eben mitnehmen“. Ich habe einige Kollegen die sich seit Mai 2015 auf den Stb vorbereiten, viel Geld, Zeit und Nerven investiert haben um eben auch den Rückstand den sie gegenüber den „Praktikern“ haben aufzuholen.

    Da ist der Frust jetzt eben groß, weil viel gelernt wurde was für die Tätigkeit von hoher Relevanz ist und es jetzt an der Lohnsteuer scheitern kann.

  2. @MeinungzurPrüfung: Kann ich so unterschreiben.

    Allerdings habe ich heute die Klausur nicht geschrieben und kann dann somit den Umfang nicht erkennen, wieviel LSt abgeprüft wurde. Ich weiß aber auch, dass 2010 eine ähnliche Stimmung war. Die Durchfallquote lag dort auch bei 50%.

    1. Wer hat denn gesagt, dass bei Bilanzierung kein Umwandlungsfall etc noch heute dran kommen kann oder Einbringung von Ges. in einer PersGes. ?

    2. Korrigiert mich bitte wenn ich Falsch liege (habe die Kammermitteilung nicht parat), aber es sind halt mehr Einzelkämpfer auf dem Markt. Ich arbeite als StB in einer kleinen bis mittelständigen Kanzlei. Dort habe ich mit Bauunternehmern zu tun, die mich alle 2 Jahre anrufen um eine Verlängerung der §48b EStG und USTG1 Bescheinigungen zu beantragen. Also ganz fremd sollte es einem nicht sein. Auch bei mittelständigen Unternehmen sind auch Betriebsveranstaltungen immer ein Thema. Bei eventuellen Schlussbesprechungen, werde ich dann ja zu Hilfe geholt.

    Das „Problem“ ist halt, dass ALLE daran teilnehmen. Leute wie ich, die eher vom Land kommen und Leute aus den großen Gesellschaften, die den ganzen Tag komplexe Sachverhalte haben.

    Leute versteht mich bitte nicht Falsch, den Unmut kann ich verstehen, aber ich müsst da jetzt cool bleiben und weiter machen. Es ging doch alle so. Keiner kennt die Punkte Verteilung. Ich kann es nämlich dann nicht verstehen, dass die Leute AO nicht als letztes machen. Ich benötige viel mehr Zeit und Aufwand, um da die Punkte zu holen. Aber gut, andere Baustelle.

    Auch bei mir war das damals so……der Hauptteil der Vorbereitung, den man sich in das Hirn geknallt hat, wurde nie abgefragt. Aber wie hier schon immer erwähnt wurde, man muss immer nur besser sein, als 50% der anderen 🙂

    Ich wünsche allen viel viel Erfolg.

  3. Aber eins möchte ich noch loswerden:

    Ich hätte mich auch schwarz geärgert, weil man halt monatelang vorher was ganz anderes gemacht hat!!

  4. Natürlich muss man sich als Steuerberater mit Lohnsteuerthemen ausgekennen und es liegt auch ein großes Haftungspotential im Bereich Lohnsteuer, da gebe ich einigen Vorkommentaren recht.
    Allerdings haben deutschlandweit ebenso viele Steuerberater überhaupt nichts mit Lohnsteuer zu tun, sondern beschäftigen sich täglich mit Themen der Gestaltungsberartung, des Umwandlungsteuerrechts und internationalen Steuerrechts. Deshalb finde ich die Klausur gestern zum einen total einseitig und zum anderen wurde den Kandidaten leider nicht die Chance gegeben ihr Wissen aufs Papier zu bringen. Das finde ich sehr schade. Eigentlich sollte das Examen denjenigen gehören, die a. fleißig sind und b. die Zusammenhänge insgesamt verstanden haben, um die Ecke denken können und strukturiert die Fälle lösen. Der Examen gestern gehört den Glücklichen. Wer die Sachen schnell gefunden hat, hatte eindeutig den Vorteil.
    Ich habe auch drei Jahre bei einem kleineren Steuerberater gearbeitet und monatlich Lohnabrechnungen erstellt. Allerdings hat das m.E. für den gestrigen Tag gar keinen Vorteil gebracht. Selbst wenn man zum Teil mit den Themen etwas vertraut war, musste man trotzdem blättern und suchen. Denn ohne die passende Textstelle und richtige Rechtsfolge hilft einem das auch nicht weiter.
    Ich persönliche stimme ML zu. Die Leute aus den Big Four gehen nicht mal eben so in die Prüfung. Ohne Berufsexamen ist in vielen Abteilungen der Big Four der Karriereweg begrenzt und deshalb hängen sich die Leute sehr rein. Auch die Kollegen aus der WP, die den Steuerberater zur Verkürzung des WP absolvieren, hängen sich sehr rein (zumindest die bei mir im Kurs) und lernen die Themen ganz theoretisch und strukturiert von Grund auf.
    Aber naja, wir ändern es nicht … und sind im Januar schlauer 🙂
    Ich bin nur sehr gespannt auf die Reaktionen im Nachhinein. Zumindest die Lehrgangsanbieter werden sich im Bereich ESt neu aufstellen müssen.

  5. Ich hab zwar das Examen nicht mitgeschrieben und kenne es daher nicht im Detail. Aber die Themen über die sich hier alle beschweren waren alles(!) Änderungen aus dem Vorjahr. So wie es eben immer ist. Da braucht sich auch keiner an der Lohnsteuer aufhängen. Letztes Jahr neues BMF Schreiben zu 37b, im Zusammenhang 13b und USt 1 TG bei Bauleistenden letztes jahr (Riesensache) muss man auch zumindest die 48b Bescheinigung schonmal gehört haben. Heute 24 UmwstG, auch Änderung im Vorjahr. Hier von Klausuren der Glücklichen zu sprechen ist schon denen gegenüber unfair die es gekonnt haben. Und die Gesetzesänderungen, aktuelle Rechtssprechung und Verwaltungsauffasung des letzten Jahres muss man als angehender Steuerberater eben beherrschen, ob das jetzt Lohnsteuer, Betriebsaufspaltung oder Biersteuer (war auch schonmal Examensthema) ist

  6. Stephan, mit Verlaub, du hast nicht mitgeschrieben und schreibst hier so einen Mist.
    Wo sind die Änderungen zu 24 UmwStG und Betriebsfeiern, VIP-Loge in diesem bzw. aus 2015?
    Jemand der nicht mitgeschrieben hat und dann auch noch falsche Dinge verkündet, sollte sich seine kostbare Zeit hier sparen.

  7. – § 24 umwstg n.F. ab 06.11.2015
    – § 19 Abs. 1 Nr. 1a ab 01.01.2015 inkl BMF schreiben
    – Vip-Loge = Klassiker

  8. Ich gebe Uta uneingeschränkt recht. Es ist für sicherlich viele hier kein Problem das LSt abgefragt wird. Der Diskussionspunkt ist ja der Umfang in welchem das Thema in „einer“ ESt Klausur gebracht wurde. Sicherlich tragen viele Lehrgangsanbieter hier eine Mitschuld. Aber trotz all dem hat dieses Examen nicht so viel mit Wissen anfragen und gute Kandidaten zum StB machen zu tun. Sonst würde man mehrere Wochen Pause zwischen den Klausuren machen oder meinetwegen eine 4. Klausur dazunehmen die heisst „Lohnsteuer und internationales StR“….oder ggf. aus staatlicher Sicht auch einen eigenen Studiengang dazu aufbauen welcher im StB Examen mündet….
    Also viele Faktoren die hier eine Rolle spielen.

  9. Die ESt Klausur war, ist und wird auch immer eine Art „Black-Box“ sein…..man weiß nie was drin steckt.

  10. Ich wiederhole mich da gerne.

    Natürlich muss Lohnsteuer beherrscht werden. Das ist auch alles inhaltlich nicht schwer…und ich denke 95% derer, die gestern den Erlass zu den Betriebsveranstaltungen oder den zu VIP-Logen, LSTR zur Bewirtung aufgeschlagen haben, haben damit inhaltlich auch keine Probleme gehabt.

    Die HOAI (Versteuerung der Abschlagszahlungen für Architekten) hat sich auch geändert. Damit rechnet aber zu Recht auch keiner.

    Wenn LuF drankommt, darf sich auch niemand beschweren.

    Gestern waren es sicherlich zusammen 50-60 Pkt für Bauabzugssteuer, LoSt (Betriebsveranstaltung, geringfügig Beschäftigte, Arbeitsessen, VIP-Loge für Geschäftsfreunde + AN der zur Teilnahme beruflich verpflichtet wurde, Kundenbindungsprogramm, Weihnachtsmarkt, Wein zu Weihnachten, Jobticket 50 Euro, Gruppenunfallversicherung, Betriebsveranstaltung mit kolumbianischer Band, z.T. Über 110 EUR teilweise nicht) und Abzug für vGA, oGA, Darlehen Geser und Gewinnanteil stiller Geser. Das Ganze kombiniert mit Pauschalierung nach §37b, §40a und §40.

    Der KöSt-Teil dann in SV 1 „normal“ zvE für 3 Jahre berechnen +§27 KStG und SV 2 mit §8c und §10a GewStG für 2 schädliche Beteiligungserwerbe.

    Jetzt kann man sagen „selbst Schuld“, man kann aber auch einfach feststellen, dass das in der Form und Umfang einfach am Ziel vorbei geht.

    @Johnny

    Gerade weil niemand den StB „einfach mal so mitnehmen will“ und Steuern sicherlich für die Meisten im WP-Examen zusammen mit Recht der größte Stolperstein ist, nehmen viele die Strapazen im Zshg. mit dem StB auf sich.

    Und ich bin mir sicher, dass 95% der Examenskandidaten in der Lage sind in der Praxis einen Auftrag wie „Erstellen Sie für Mandant XY einen Praxisleitfaden zur Pauschalierungmöglichkeit von Bewirtungsaufwendungen an Dritte und AN“ nach kurzem Einlesen beenden zu können . Dagegen bin ich mir nicht sicher, ob das für Fälle der BAS o.ä. auch so ist.

    Die Prüfung ist hart, das weiß jeder. Dann soll sie aber auch bitte ein gleichbleibendes (hohes) Niveau erfordern (LoSt ist nunmal kein Hexenwerk). Und die Arbeit des StB ist i.d.R. nicht die im Bereich LoSt. Zumindest kann sich das wirtschaftlich nicht rechnen , wenn die Löhne mit 16-20 EUR/AN mtl. abgerechnet werden

    Im Übrigen hoffe ich das genau das mir meinen Arsch rettet. Ich durfte nämlich – als Praktikant in einer Kanzlei – einen solchen Leitfaden wie o.g. mal erstellen.

    Mehr brauche ich zum Stellenwert in der Praxis nicht wissen.

    Da heute aber letzter Tag war, wünsche ich allen Kandidaten gute Erholung und viel Glück, dass es am Ende für Alle zum erhofften Ergebnis gereicht hat.

  11. ich hatte letztes jahr geschrieben und bestanden… im rahmen der mdl.prüfungsvorbereitung wurde auf die neuerungen u.a. zum thema pauschalierung §37b estg (bmf vom 19.5.15), §24 umwstg hingewiesen…
    ob es dann zwingend jetzt in der schriftlichen kommt war möglich aber kein muss…

    die kammer „verlangt“ von den anwärtern, dass sie alles „können/wissen“, denn sie tragen verantwortung und sollten/muss mehr wissen als ihre angestellten, denn der berufsträger haftet und nicht die angestellten und ein abwälzen auf die vermeintlich besser gebildeten Angestellten geht nicht, denn der stb ist die sicherheitsleine für den mandanten… das wissen vor/während/nach der prüfung darf nicht getunnelt sein… es sollte immer alles im minimum abgedeckt sein und die technik vorhanden sein um dieses mit gesetz/richtlinien/erlasse kurzfristig erweitern zu können, wenn der mandant/die klausur vor einem sind…

    ich drücke allen die daumen

  12. Ich wiederhole mich ungerne, aber es hat sich keiner darüber beschwert, dass LSt abgefragt wurde, sondern die Gewichtung macht es.
    Und da sehe ich einfach keinen Sinn…
    Weshalb sollte man so eine Klausur stellen, dass kann nur unter dem Vorsatz geschehen, jetzt ärgern wir Sie richtig.

  13. Ich stimme fumino auch zu.

    LSt kann wirklich „gerne“ dran kommen, aber bitte in einem überschaubaren Rahmen.
    Die Teilnehmer vom letzten Jahr waren mit Sicherheit auch von dem SV mit den Kindern und den Sonderausgaben überrascht.
    Aber selbst wenn man da nichts wusste, konnte man seine Punkte im ESt Teil holen.
    Schließlich gab es noch einen DBA SV mit Renten und §§ 17, 21 EStG. Dazu noch die Gewerbeeinkünfte mit den Standartthemen Gebäudebewertung, Einlage, §§ 16, 23 EStG.
    Der SV mit den Kindern hatte maximal einen Umfang von 20 Punkten.
    Dieses Jahr gab es aber keine Alternativen ESt SV. Selbst den KSt Teil fand ich jetzt nicht leicht. §§ 27, 8c KSt sind jetzt nicht die beliebtesten Themen und dann noch der § 10a GewStG bei dem § 8c KSt zu beachten ist.
    Nicht mal Fußgängerpunkte für den Allgemeinen Teil wurden uns gegönnt.

    Der Sinn von dieser Klausur ist für mich auch mehr als fraglich.

  14. Hier wurde oft nach dem Sinn gesucht, den die Klausur haben soll. Dass die meisten das immer noch nicht wissen, verwundert mich sehr. Glaubt ihr dass mit dem Standard Wissen, dass man euch bei den Anbietern verkauft, man das Examen besteht? Und wieso sollten die Klausurverfasser bzw. das Finanzministerium auf den selben Zug aufspringen wie die Anbieter ? Also Examen verschenken tun sie nicht! Und wenn ihr bestehen solltet, wollt ihr das andere mit den sogenannten Fußgängerpunkten bestehen? Wohl eher nicht!

  15. Natürlich reicht das Standardwissen nicht aus, um die StB Prüfung zu bestehen und verschenkt wird hier wirklich gar nix.

    Aber die diesjährige ESt Prüfung ist schon ein Hammer gewesen.
    Ich glaube, dass sich da die Anbieter noch einiges an Kritik gefallen lassen müssen.
    Natürlich hat man keine Bestehensgarantie, wenn man viele Kurse gebucht hat.
    Allerdings rühmen sich viele Kursanbieter mit tollen Bestehensquoten.

    Wenn man dann seinem Anbieter einen fast fünfstelligen Betrag zukommen lässt
    und sämtliches Material durcharbeitet, dann erwartet man schon, dass man damit gut vorbereitet
    in die Prüfung gehen kann.
    Das Thema Lohnsteuer hatte aber wohl kein Anbieter auf dem Schirm.

  16. Die Kursanbieter orientieren sich an den Trends der Vorjahre. Internationale Sachverhalte bei USt und ESt, mehrere kleine Sachverhalte bei AO und USt und Bilanzierung, mehrere Teile bei Bilanzierung, aufgeliedert nach EU, PerG und KapG usw. Was sollen sie auch sonst tun, an irgendwas muss man sich ja orientieren. Der 2. Prüfungstag war m.E. einfach untypisch, ebenso der Grunderwerbsteuerteil am 1. Tag. Aber auch das kommt regelmäßig vor. Daraus werde ich meinem Anbieter jedoch keinen Strick drehen, es ist unmöglich jede Nische des Steuerrechts abzudecken.

    Es steht jedem von uns frei, Steuerberatervorbereitungskurse anzubieten und zu versuchen, den prüfungsrelevanten Stoff exakter zu prognostizieren.

  17. Klar orientieren sich die Anbieter an den Vorjahren.
    Deswegen müssten die Kursanbieter aber doch einigermaßen wissen, wo der Trend hingeht.
    Was bringt es jetzt, wenn sie in Bezug auf die StB Prüfung 2017 einen Lehrbrief zum Thema LSt rausbringen? Das wird mit Sicherheit nächstes Jahr nicht nochmal drankommen.

    Ich habe bei meinem Kursanbieter zig Übungsklausuren (egal ob ESt bzw. Bilanz) zu den verschiedenen Umwandlungsarten, Eintritt/Austritt Gesellschafter, etc. geschrieben.
    Jedes mal stand in den Bearbeitungshinweisen dabei: „Zu Grunderwerbsteuerlichen Problemen ist keine Stellung zu nehmen“.
    Bei diesen Aufgaben hätte man doch ideal mal das Thema GrESt aufgreifen können. Dann wär der GrESt Teil an Tag 1 schon mal abgedeckt gewesen.

    Da die Kurse alle nicht billig sind, hat man meiner Meinung nach auch das Recht hier Kritik zu üben.

  18. Es ist ohnehin jedes Jahr wieder das gleiche Lied.

    Machen wir uns nichts vor. Aus prüfungsrechtlicher Sicht verstößt die Prüfung gegen elementare Grundsätze des Prüfungsrechts.

    Ein elementarer Grundsatz des Prüfungsrecht ist es, dass ein Teilnehmer mit durchschnittlichem Wissen die Prüfung bestehen können muss. Hiergegen wird mannigfach verstoßen.

    – Die Prüfungen enthalten derart viel Prüfungsstoff, dass es praktisch nicht möglich ist, die Aufgaben vollständig zu bearbeiten. Dies gilt insbesondere für die Klausur an Tag 1.

    – Die Bandbreite des Prüfungsstoffes ist derart groß, dass es für den menschlichen Intellekt schlichtweg nicht möglich ist, über Wissen auf sämtlichen dieser Gebiete zu verfügen. Aus dieser großen Bandbreite werden dann höchst selektiv Sachverhalte erstellt. Es ist höchst fraglich, ob man jemandem aufgrund einer solch selektiven Auswahl den Titel eines Steuerberaters verleihen darf, denn es gleicht doch stark einem Glücksspiel anstatt einer Prüfung, ob man in diesem Moment die gestellte Aufgabe lösen kann oder nicht.

    – Rechtssystematisches Wissen wird nicht abgeprüft. Aufgrund der Auswahl einzelner Sachverhalte wird man wohl kaum mit Recht sagen können, dass die Prüfung das Verständnis steuerrechtssystematischer Zusammenhänge abprüft. Das Erstellen und Beurteilen einzelner Sachverhalte ist ohnehin nur begrenzt geeignet, das Verständnis für rechtssystematische Zusammenhänge eines Teilnehmers zu überprüfen. Es geht einzig und allein nur darum, irgendwie irgendwelche Punkte zu erhalten.

    – Es versteht sich von selbst, dass Teilnehmer die Prüfungsinhalte nicht kennen dürfen. Allerdings sollte auch Einigkeit darüber bestehen, dass ein Teilnehmer abschätzen können muss, welche Anforderungen an ihn gestellt werden. Dadurch, dass die Prüfungsaufgaben nicht mehr (so wie es jahrzehntelang geschehen ist) im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden, kann ein potentieller Teilnehmer noch nicht einmal mehr abschätzen, welche Anforderungen an ihn gestellt werden. Auch in dieser Hinsicht verkommt die Prüfung damit zu einem Glücksspiel.

    – Weithin unverständlich ist es, dass bei den jeweiligen Aufgaben noch nicht einmal vermerkt ist, wie diese gewichtet werden. Entweder es zählt der Gesamteindruck, dann ist das Gehampele um Punktevergabe überflüssig, oder es zählen Punkte, dann muss vermerkt werden, wie viele Punkte eine Aufgabe jeweils bringt.

    – Die Durchfallquote von 50 Prozent ist bewusst gewollt. Es wird alles getan, um diese Quote zu erfüllen. Die Teilnehmer werden so lange an der 4,5 gehalten, dass die Quote leichter gesteuert werden kann. Im Normalfall sollte sich eine Notenverteilung ergeben, die einer Gaußschen Normalverteilung entspricht. Bei der Steuerberaterprüfung ist dies jedoch nicht der Fall. Die allermeisten Teilnehmer finden sich auf der 4,5 wieder – weil es so gewollt ist.

    – Bildet die Steuerberaterprüfung den Büroalltag eines Steuerberaters ab? Ist die Steuerberaterprüfung also geeignet, die Anforderungen abzuprüfen, mit denen ein Steuerberater in seinem Berufsalltag konfrontiert ist? Wenn man sich mit dieser Frage beschäftigt, muss man sie verneinen. Wann hat schon jemals ein Steuerberater über eine Rechtsfrage ein Gutachten im Gutachtenstil erstellt? Berufsalltag ist in verfahrens- oder prozessrechtlicher Hinsicht wohl eher das Verfassen von Einsprüchen oder Klagen und das Stellen von Anträgen. In materieller Hinsicht geht es oftmals um Gestaltungsüberlegungen, also um die Beratung im eigentlichen Sinne. Aufgaben hierzu kommen in der Steuerberaterprüfung praktisch nicht vor. Genauso wenig wird dem edv-technischen Aspekt Beachtung geschenkt. Funktioniert das heutige Steuerberaterdasein ohne EDV? Wohl kaum.

    – Würde ein Steuerberater seine Fälle unter dem enormen Zeitdruck so lösen, wie die Teilnehmer die Sachverhalte in der Steuerberaterprüfung lösen müssen, hätte er in der Praxis ganz schnell einen Haftpflichtfall anhängig. Mit dem berufsrechtlichen Grundsatz der Gewissenhaftigkeit hat all dies ganz und gar nichts mehr zu tun.

    – Es ist ja nicht so, dass all diese Umstände neu wären. Im Gegenteil, all dies ist seit Langem bekannt. Man ändert nichts an den Prüfungsmodalitäten. Es ist also gewollt, dass die Steuerberaterprüfung ein Glücksspiel ist. Wie ein Münzwurf. In 50 Prozent der Fälle kommt Kopf, in 50 Prozent der Fälle kommt Zahl. In 50 Prozent der Fälle fällt man (statistisch) durch, in 50 Prozent der Fälle besteht man. Wer sich auf die Steuerberaterprüfung einlässt, sollte immer bedenken, dass es sich NICHT um eine Prüfung handelt, sondern um ein GLÜCKSSPIEL.

  19. Diese Aussage ist tatsächlich an Respektlosigkeit gegenüber allen Kollegen die das Ding durch wirklich harte Vorbereitungsarbeit bestanden haben nur schwer zu toppen.

  20. @Telefonmann

    Wenn das alles so absichtlich gewollt wäre, wie du es darstellst, kann nicht erklärt werden warum an einigen Standorten 22% der Leute bestehen und anderen 57%.

    Eventuell ist es auch nur eine Frage der Vorbereitung, so wie es hier geschildert wird, reicht es vielleicht nicht sich 1 oder 1,5 Jahre auf diese Prüfung vorzubereiten. Eventuell sind für einige Teilnehmer wohl eher 2 oder 3 Jahre Vorbereitung sinnvoll. Sicher nicht in der Intensität wie zum Schluß, aber dennoch zielgerichtet und strukturiert.

    Die Ergebnisse aus dem letzten Jahr zeigen ja auch, dass der Hintergrund vor dem ein Prüfling seine Prüfungszulassung erwirbt (also „nur“ Berufsabschluss, Steuerfachwirt, Studium oder gar Finanzverwaltung) auch große Unterschiede in den Ergebnissen produziert. Das klingt für mich danach, dass der Werdegang der Teilnehmer eventuell unterschiedlich stark auf die Prüfung vorbereitet hat.

  21. Hallo,

    ich habe die Prüfung 2013 geschrieben und bestanden. Meine Vorbereitung habe ich bei AWS gemacht. Dort wurde schon damals Lohnsteuer als Thema in der Ertragsteuerklausur prophezeit. In den Klausuren kam dieses Thema daher auch vor.

    Im Übrigen sind die Themen der diesjährigen Steuerberaterprüfung solche, die aktuell im Fluss sind. Keine Fortbildungsveranstaltung ohne diese Themen – Von daher meiner Meinung nach nicht an den Haaren herbeigezogen.

  22. @Telefonmann

    Sehr sachlich zusammengestellte Argumente, denen ich weitgehend zustimme. Danke dafür.

    Ergänzend möchte ich noch erwähnen, dass alljährlich die Teilnehmer darüber rätseln müssen wie ausführlich und in welcher Form die Lösung verfasst werden muss. Da finden Diskussionen statt, ob man ganze Sätze schreiben muss oder Stichworte ausreichen. Welche Rechtsquellen müssen angegeben werden? Nur die §§ oder auch Richtlinien und Erlasse. Wie müssen die §§ zitiert werden? Wie zitiert man Absatz 1? Abs.1 oder (1) oder I? Muss beim Zitat immer der genaue Absatz mit der genauen Nummer mit dem genauen Satz erwähnt werden? Darf man eine Legende schreiben, um nicht tausendmal „UStG“ in der Lösung zu schreiben. Welche Tatbestandsmerkmale einer Begründung müssen explizit in der Lösung erwähnt werden (z.B. bei Begründung des i.g. Dreiecksgeschäfts)? Inwieweit muss man negativ abgrenzen, dass bestimmte Tatbestandsmerkmale nicht vorliegen?….. usw.

    Wenn man drei Fortbildungsinstitute dazu befragt, bekommt man vier Meinungen. Anscheinend hängt es von der aktuellen Laune des Korrektors ab. Warum werden diese Dinge nicht öffentlich verbindlich festgelegt?

  23. @ Telefonmann:

    Du sprichst mir aus der Seele. Ein hohes Niveau ist selbstverständlich, aber die Prüfung verkommt m.E. mehr und mehr zur Farce. Gestaltungsberatung spielt keine Rolle, Bestehen tun oftmals die, die ein nicht veröffentlichtes Urteil zu einem Randproblem gelesen haben und die Glück mit dem Korrektor haben.

    Aaaaber: Ich beschwere mich nicht. Wir alles wussten das vorher und sitzen im gleichen Boot. Also was solls, abwarten und aufs Beste hoffen…

  24. Bernie, Deiner Ansicht stimme ich vollkommen zu. Wie und in welcher Form die Prüfungsaufgaben gelöst werden müssen, ist an vielen Stellen unklar, weil Vieles eben nicht deutlich genug in den Aufgabenstellungen kommuniziert wird, eben auch solche Aspekte, die Du bereits angesprochen hast. Hierin kann durchaus ein Mangel der Prüfung selbst gesehen werden, denn es ist ja durchaus möglich, dass ein Prüfungsteilnehmer FACHLICH den Anforderungen genügt und dass sein Nichtbestehen lediglich daran liegt, dass er seine Lösungen zwar richtig, aber dennoch zu ausführlich niederschreibt, so dass ihm die fehlende Zeit zum Verhängnis wird, und die weiteren Aufgaben, die er FACHLICH durchaus hätte bewältigen können, allein aufgrund des enormen Zeitdrucks nicht bewältigen konnte. Es stellt sich halt die große Frage, warum Jahr für Jahr Heerscharen von Prüfungsteilnehmern Vorbereitungskurse privater Steuerfachschulen in Anspruch nehmen. Der Grund ist leicht nachvollziehbar: Für diese privaten Steuerfachschulen arbeiten in vielen Fällen Dozenten, die hauptberuflich an den Finanzfachhochschulen der jeweiligen Bundesländer beschäftigt sind. Man kann dies auch leicht überprüfen, indem man die entsprechenden Internetseiten der Finanzfachhochschulen mit den entsprechenden Internetseiten der privaten Steuerfachschulen vergleicht. Diese Dozenten werden von den Landesfinanzministerien damit beauftragt, die Prüfungsaufgaben für die Steuerberaterprüfung zu erstellen. Und sie wissen natürlich, wie die von ihnen selbst erstellten Aufgaben bezüglich der inhaltlichen Breite und Tiefe zu lösen sind. Nur so ist letztlich auch erklärbar, wie es in der Vergangenheit dazu kommen konnte, dass eine Prüfungsaufgabe der schriftlichen Steuerberaterprüfung in identischer Weise kurz vor der Prüfung in einem Vorbereitungskurs einer privaten Steuerfachschule gestellt wurde. Soll man nicht glauben? Doch, ist so. Dieser Sachverhalt war sogar Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens, in welchem klägerischerseits angeführt wurde, dass insofern die Chancengleichheit nicht mehr gewahrt wurde (FG Baden-Württemberg v. 24.09.2002, Az. 11 K 40/98). Und wenn man als Prüfungsteilnehmer von den Klausurenerstellern persönlich erklärt bekommt, in welcher Art und Weise ihre Aufgaben zu lösen sind, sind die Kosten für einen solchen Vorbereitungskurs selbstverständlich gut investiertes Geld. Und auch wenn der entsprechende Dozent vielleicht nicht die exakt gleiche Aufgabe im Vorbereitungskurs stellt, die dann später in der Prüfung drankommt, so kennt er zumindest jedenfalls die thematische Richtung der Prüfungsaufgaben und kann die Kursteilnehmer thematisch speziell vorbereiten. Für die privaten Steuerfachschulen ist dies sicherlich vorteilhaft, weil sie sich damit brüsten können, dass x Prozent derjenigen, die an ihren Vorbereitungskursen teilgenommen haben, die Prüfung auch bestanden haben… …weil sie thematisch entsprechend vorbereitet wurden. Für die Kursanbieter der privaten Steuerfachschulen ist es andererseits logischerweise recht nachteilig, wenn Dozenten mit ihren thematischen Einschätzungen daneben liegen, denn solche Kurse wird dann zukünftig niemand mehr besuchen und das Geschäftsmodell würde sich für alle Beteiligten nicht mehr lohnen.

    Für alle, die sich in dem naiven Glauben wähnen, Deutschland sei ein Rechtsstaat und vor Gericht würden sie bei einem Misserfolg in der Prüfung schon Recht bekommen, dem sei die hervorragende Dissertation von Hans Josef Lütke, Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen in der Steuerberaterprüfung, ans Herz gelegt. Nach der Lektüre seines Werkes muss man ernüchternd zu dem Schluss kommen: Gerichtlich hat man praktisch keine Chancen.

    Es bleibt dabei: Die Steuerberaterprüfung ist ein Glücksspiel und KEINE Prüfung. Ob man durchkommt oder scheitert, ist in großem Umfang von Willkür geprägt. (Manche sprechen anstelle von Willkür euphemistisch von Glück.)

  25. Und heute, knappe sechs Jahre später… Wieviel von der damals geprüften Sch… hattet ihr in der Praxis?
    Sicher mal das ein oder andere aber die Bauabzugsteuer hatte ich seither sicher nur 1-2 mal. Betriebsaufgaben und Liquidationen nach § 16 und § 17, ja sogar das damals von mir verhasste UmwStG brauche ich alle 2 Monate…

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