Heute am Briefkasten …

Hallo Ihr Lieben,

da komme ich heute, nach meiner 4. Klausur und anschließender Klausurbesprechung, abgekämpft nach Hause und hole die Post aus dem Briefkasten. Oh, Super, der erwartete VA nach §118 liegt im Briefkasten. Die Freude währt nicht lange. Eine Abweichung von 17 € bei den Einnahmen nach § 19 EStG? Ernsthaft?
Normalerweise würde ich jetzt das Telefon gezückt haben aber es ist Donnerstagabend!
Noch im Treppenhaus denke ich, dass ich jetzt sofort den Rechner hochfahren werde um mal kurz das ganze Arsenal meiner Möglichkeiten abzufeuern:

-Mein Einspruch hat natürlich Aussicht auf Erfolg, weil er zulässig und begründet ist:

Zulässig: § 358 1 AO
Mein Einspruch ist selbstverständlich Zulässig, weil er statthaft ist, ich ihn form- und fristgerecht einlegen werde und ich als Einspruchsführer eine Beschwer geltend mache.

Statthaftigkeit: § 347 Abs 1 AO
Ich wehre mich mit dem Einspruch gegen den Est-Bescheid 2019. Dies ist ein VA §118 in Abgabenangelegenheiten. Dagegen ist der Einspruch statthaft gemäß §347 Ab 1 S 1 Nr 1 AO

Form: § 357 Abs 1 S. 1 AO
Ich werde den Einspruch schriftlich einlegen, §357 Abs 1 AO. Ich werde das Wort Einspruch Fett in die Betreffzeile schreiben um nicht auf §357 Abs 1 S. 3 AO hinweisen zu müssen und es an mein zuständiges FA senden, § 357 Abs 2. Die SOLL Angaben der Sätze des §357 Abs 3 werde ich emotionslos benennen:
17€ zu viel bei den Einkünften nach § 19, krasse Abweichung zu der übermittelten und mittels Belegabruf verarbeiteten Lohnsteuerbescheinigung!!!!!!!!!!

Frist: § 108 ivm § 122 AO
Datum von Gestern, inklusive 3 Tage Fiktion §122 Abs 2 Nr. 1 AO kommt der VA eigentlich erst am Samstag, bei mir an, so dass die Einspruchsfrist §355 Abs 1 S 1 AO erst mit Ablauf von Samstag beginnt §108 Abs 1 AO, §187 Abs 1 BGB. Sie dauert 1 Monat gem. §355 Abs 1 AO und endet lange nach dem mein Einspruch dort angekommen ist. (§108 Abs 2 AO, §188 Abs 2 BGB).

Beschwer §350 AO:
Beschwer, was für eine Frage, die immensen steuerlichen Auswirkungen bei 17€ muss ich ja wohl niemanden erklären!

Der Einspruch ist damit jedenfalls zulässig, §358 AO

Begründetheit:
Mein Einspruch ist begründet, wenn der angegriffene Bescheid rechtswidrig ist und ich dadurch in meinen Rechten verletzt bin. – und wie verletzt ich bin!
Die Rechtswidrigkeit bei so einem gigantischen materiellen Fehler, bedarf wohl keiner weiteren Erklärung.

Nach §367 Abs 2 S. 1 AO hat das FA die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. In diesem Rahmen ist zu prüfen, ob das FA Berlin die Festsetzung der ESt 2019 ändern kann.

Eine Änderung ist möglich, wenn keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist und eine Korrekturvorschrift greift:
Festsetzungsverjährung prüfen? Ernsthaft? Nach §170 Abs 2 Nr. 1 fängt die Uhr erst zum 31.12.2020 an zu ticken und §169 und §171 spielt noch gar keine Rolle.

Die geliebte Negativabgrenzung:
§164 Abs 2 AO scheidet aus, weil es nicht draufsteht
§165 AO hier irrelevant und steht auch nicht drauf
§ 172 Abs 2 Nr 2 a AO, wäre denkbar
§ 173 Abs 2 Nr 2, na ja, passt nicht wirklich
§ 173 a, der Computer hat sich verschrieben? Denkbar …
§ 174 AO, irrelevant
§ 175 AO, irrelevant
§ 176 AO Vertrauensschutz? Ich kann ja wohl darauf vertrauen, dass die Lohnsteuerbescheinigung Grundlage meines Steuerbescheides wird!
§ 177 Abs 1, 2, 3 ivm § 129, natürlich liegt hier eine offenbare Unrichtigkeit vor!

Auch wenn mir persönlich der §129 ivm §177 besonders gut gefällt ist §172 Abs 2 Nr. 2a doch die wahrscheinlichste Variante.

An meiner Wohnungstür angekommen frage ich mich, ob das nicht doch bis Montag warten kann, so ein Anruf ist einfach netter …
… aber Vorsicht liebe FA, ich kenne jetzt meine Feuerkraft …

Der Kommentar meines Mannes zu diesem Thema war etwas kryptisch: … 17€ … nicht dein Ernst … du und dein Hobby … Ich habe keine Ahnung, was er mir damit sagen wollte!

Morgen schreibe ich die 5. Bannasklausur, eine Gemischte …

Wie geht es euch, so auf den letzten Kilometern. Habt ihr noch Kraft und Motivation?
Wie laufen die Klausuren, das Lernen und das Schließen der letzten Lücken?

Haltet durch!
In diesem Sinn wünsche ich euch wie immer viel Zeit und Kraft zum Lernen.

LG aus Berlin
Beate

33 Gedanken zu „Heute am Briefkasten …

  1. Das tut so gut,Beate!Danke für deine Zeilen.Geteiltes Leid ist halbes Leid.
    Rike

  2. Ich mache gerade umwstR. Da steh ich noch nicht so gut da. Ebenso beschäftige ich mich die nächsten Tage viel mit PersG, also § 6(5), § 16 (3) der Erlass und § 24 UmwStG. PersG kommen jedes Jahr dran und auch dieses Jahr wieder. Da will ich fit sein.
    Auf die letzten Meter kommt irgendwie gefühlt nochmal viel. Bald kommt der Intemsivlehrgang bei Haas. Hoffe, der macht Sinn.

    Danke für deinen tollen Beitrag. Unterhaltsamer Einstieg zum Wochenende.

  3. Überdenke nochmal die einspruchsfrist. An einem Samstag gibt es keine Bekanntgabe 😅

  4. Ich würde bis kurz vor den Prüfungen – bspw. bis Freitag vor den Prfg. – noch Klausuren schreiben, damit die Spannung gehalten wird. Einerseits wiederholt man Grundlagen, die jedes Mal abgerufen werden müssen und andererseits bleibt man so noch im Rythmus.

  5. Danke Beate für die Aufmunterungen im Lernalltag! Das tut echt gut, vor allem wenn man an manchen Knoll Klausuren beim durcharbeiten schier verzweifelt. (Zinsschranke) 😉

    Genau wie der Kollege sagt, §108 (3) AO sagt das Samstag nicht geht. Erst Montag wird dann bekannt gegeben.

  6. Lieber Luca,
    Gut aufgepasst! Aber das nächste mal bitte mit Quellengabe … §122 Abs 2 Nr 1 Fußnote 2 … 😍
    LG Beate

  7. Moin zusammen,

    hier ist der TaxKnecht.

    Ich habe mal eine Fachfrage.

    Und zwar geht es um die verdeckte und offene Einlage eine KapG-Beteiligung in eine GmbH.

    Beispiel:

    A ist an der B-GmbH zu 10 % beteiligt.A haelt seine Anteile im Privatvermoegen.

    A bringt alle seine Anteile an der B-GmbH in die C-GmbH ein.

    Die C-GmbH aktiviert die Anteile an der B-GmbH zum Verkehswert.

    1. Variante:

    Die C-GmbH bucht:

    per Beteiligung
    an Ertrag

    2. Variante

    Die C-GmbH bucht:

    per Beteilgung
    an Stammkapital

    3. Variante

    Die C-GmbH bucht:

    per Beteiligung
    an Stammkapital
    an Kapitalruecklage

    4. Variante

    Die C-GmbH bucht:

    per Beteiligung
    an Kapitalruecklage

    Meine Fragen:

    1. Wie wuerdet ihr das bei der C-GmbH jeweils wuerdigen? Ich bin mir unsicher wann genau eine verdeckte Einlage vorliegt?!

    2. Wie ist der A zu wuerdigen? Wann liegt 17er vor?

    Besten Dank

  8. @taxknecht
    Buchung bei GmbH auf Kapitalrücklage oder Ertrag, verdeckte Einlage
    Bei AE 17 abs 1 Satz 2
    Buchung auf Stammkapital: Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage, mithin keine vE
    Bei AE Tausch somit 17 abs. 1 Satz 1
    Buchung Stammkapital und Kapitalrücklage, würde ich aufteilen, vE und Kapitalerhöhung

  9. Ihr Lieben,
    ich merke, mit AO habe ich einen kleinen Nerv getroffen 😜
    Bei Gelegenheit schaut bitte nochmal in den §108 Abs 3 und markiert das dritte Wort in einer leuchtenden Farbe, nur dann kommen wir zu § 122 (2)Nr 1 mit super grell markierter Fußnote 2
    auch Friststreckung gennant 😜
    AO ist einfach Super …
    LG Beate

  10. Super vielen Dank, Rothi! 🙂

    Wisst ihr eigentlich was der Hintergrund dieser Extra Klausuren von WLW ist?

    Besteb dank!

  11. @taxknecht
    Einige auf jeden Fall, vielleicht auch alle, echte Klausuren aus den Altjahren. In Bilanz waren die Altjahre schon im Modul A enthalten.

  12. Da fehlt noch die Kausalkette: „17€ zu viel bei den Einkünften nach § 19, krasse Abweichung zu der übermittelten und mittels Belegabruf verarbeiteten Lohnsteuerbescheinigung!!!!!!!!!!“

    Die Besteuerungsgrundlagen sind für sich betrachtet kein selbständig anfechtbarer Teil des VA, erst wenn eine andere Steuerschuld durch Korrektur der Besteuerungsgrundlagen entsteht, wäre der Einspruch begründet. In deinem Fall sollte dann noch die Kleinbetragsverordnung beachtet werden

  13. Eigentlich hasse ich AO 😤
    dank Beate kann ich drüber lachen
    der Einspruch ist gut gelungen, jetzt hab sogar ich kapiert wie es geht
    LG

  14. Mich wundert aber, dass bei dieser Geschichte noch niemand auf §156 (1) S.2,3 AO verwiesen hat.

    Kennt die Norm keiner oder wende ich sie falsch an?

  15. @gutesPferd
    „Umsatzsteuer“ hat doch vorhin geschrieben, dass die Kleinbetragsverordnung zu beachten ist

  16. Hinweis: § 108 III AO findet auch bei der Dreitage-Regelung zur Bekanntgabe nach § 122 II Nr. 1 AO Anwendung.

  17. GutesPferd hat Recht. Die zwingende Anwendung der Kleinbetrags-Verordnung steht der Änderung des Steuerbescheids hier in jedem Fall entgegen. Du kannst noch so Recht haben. Der Steuerbescheid darf trotzdem nicht geändert werden, § 156 AO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Kleinbetrags-VO. 17 Euro Abweichung im zvE machen gewiss keine 10 Euro Einkommensteuer aus….

    Tenor in der EE: Der zulässige Einspruch ist als unbegründet zurückzuweisen.

  18. Moin hier ist der TaxKnecht,

    wollte mal fragen, auf welche Themen die Lehrgangswerke spekulieren.

    Ich mache momentan LSt und GrESt. Schallert gut.

    Umwandlung ist wohl auch ein heisser Tipp.

    In Umsatzsteuer soll Leasing drankommen.

    In ErbSt ist das Erbbaurecht wohl heisses Thema.

    Wuensch euch weiterhin gutes Stehvermoegen.

    Gruss
    TaxKnecht

  19. @ Taxknecht

    Bitte keine Gerüchte verbreiten!

    Wieso sollte dieses Jahr in ErbSt alles anders werden als die letzten 30 Jahre?

    Und Umwandlung ist immer ein heißer Tipp, kam letztes Jahr auch dran mit 12 Punkten

  20. Erbbaurecht ist ja Bewertung von Grundstücken/Gebäuden im Ertragswertverfahren bzw. Sachwertverfahren, in den Richtlinien super Beispiele!
    WLW hat auch extra Übungsklausuren bzgl. Erbbaurecht zugesandt und darauf hingewiesen, dass das schon lange nicht mehr geprüft wurde.
    Leasing in USt ist nicht ganz abwegig, es gab Änderungen.

  21. Ob es Übungsaufgaben gibt, weiß ich nicht
    Bis 18.03.2020 musste man in USt nach Leasingerlassen (wie BilRecht) bestimmen, ob eine Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt
    Ab 18.03.2020 müssen die Voraussetzungen des neuen A3.5 ABS. 5 UStAE erfüllt sein, dann liegt eine Lieferung vor, ansonsten sonstige Leistung

  22. Erbbaurecht halte ich bei ErbSt nicht ganz abwegig. Bei uns 2019 kam eine Mitunternehmerschaft dran, die u. a. von Knoll ausgeschlossen wurde mit dem Argument, dass das ja noch nie dran war und niemals drankommen wird. Aber das Thema war tatsächlich problemlos mit den den Richtlinien zu lösen. Wenn das bei Erbbaurecht ähnlich gut in den Richtlinien abgebildet ist (wie Rotenburger oben meint), sollte man sich die Richtlinien plus Lehrbriefe anschauen, um gewappnet zu sein (so hatte ich das bei der Mitunternehmerschaft gemacht und das Examen war gut lösbar, weil ich wusste wo die Bsp stehen).

  23. Moin Leute,

    ich habe nochmal eine kleine Fachfrage:

    Es gibt ja den neuen § 17 (2a) EStG. Wie verhält sich der zu dem BMF § 17 / 1 und § 17 / 6?

    Ich verstehe das irgendwie gerade nicht …

    Besten Dank!

  24. @TaxKnecht
    Leider bin ich mir auch nicht sicher, aber ich fasse zusammen, wie ich das verstehe, vielleicht können andere das ergänzen oder verbessern:

    § 17 Abs. 2a deffiniert ja ab 01.08.2019 (§ 52 Abs. 25a) neben § 255 Abs. 1 HGB die AK an einer KapGes, die im PV gehalten werden.
    Nachträgliche AK können auch Verluste einer Darlehensforderung sein (AE gewährt der GmbH ein Darlehen).
    Und hier ist folgendes zu beachten:
    Für Zeiträume bis einschl. 27.09.17 (Veräußerung bis 31.07.2019) gilt aus Vertrauensschutzgründen die bisherige Regelung des BMF StE 1 § 17/1 weiter, wenn eigenkapitalersetzende Finanzierungshife bis zu diesem Zeitpunkt gewährt wurde (Finazplandarlehen, Krisendarlehen) oder die Finanzierungshilfe bis zu diesem Zeitpunkt eigenkapitalersetzend geworden ist ( Krisenbestimmung, Stehengelassenes Darelehen).
    Ab dem 28.09.2017 (BMF StE 1 § 17/6) bis 31.07.2019 gilt uneingeschränkt die neue BFH Rechtsprechung und die Ak nach § 255 Abs. 1 HGB
    Ab dem 01.08.2019 gilt § 17 Abs. 2a EstG erstamals für Veräußerungen/Liquidation
    Was ich aber nicht verstehe: Nach § 52 Abs. 25a Satz 2 kann auf Antrag der § 17 Abs. 2a schon auf Veräußerung/Liquidation vor 01.08.2019 gelten. Ich frage mich die ganze Zeit, welche Fälle sind das?

  25. Wie kommt ihr mit den WLW Klausuren zurecht? Meine jetzt v.a. Klausurenkurs C und D. Ich finde die zum Teil echt absurd schwer und ich werde notentechnisch eher schlechter als besser.

    BilSt ist ja zu 50% oder noch mehr nur noch UmwStG, das ist ja wohl an der Realität vorbei oder?

  26. @Rotenburger:

    Genau an der Stelle verstehe ich es auch nicht.

    #stb2020:

    Schreibe noch Modul B. Habe gerade letzt fertig. Noten sind so 2,0-5,0.

  27. Teilweise waren die Aufgaben vom B Kurs (mehr hab ich bei WLW nicht gemacht) auch sehr schwer, wurde auch so in den Klausurbesprechungen gesagt. Also die liegen meiner Meinung nach teilweise deutlich über Examensniveau.

    Mal ganz davon abgesehen, dass Ertrag zeitlich in 6 Stunden weit weg von möglich ist. Da ist man ja froh wenn man (sofern auf Zeit und ohne Lösung geschrieben) an den 30 Punkten kratzt.

    Ich finde aber das der Lerneffekt bei den Klausuren schon relativ hoch ist. Ich war trotzdem froh als ich wieder Haas Klausuren schreiben durfte….

  28. Zu deinem Einspruch… Wieso prüfst du hier überhaupt Änderungsvorschriften?

    Da die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, ist der Bescheid noch nicht formell bestandskräftig geworden. Der Bescheid kann somit im vollem Umfang korrigiert werden (auch Verbösert). Auf Festsetzungsverjährung und Korrekturvorschriften braucht man hier nicht einzugehen. Die benötigt man nur, wenn man einen Änderungsbescheid angreift, wenn der Erstbescheid bereits unanfechtbar ist.

  29. Lieber Leo,
    natürlich hast du recht! Aber das sollte witzig sein …
    und natürlich im Hinblick auf die bevorstehende Prüfung (in der wir vermutlich einen Änderungsbescheid erhalten) bin ich quasi das Prüfschema im „Kopf“ durchgegangen …
    LG Beate

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