Zulassungsvoraussetzungen, Zulassungsverfahren und verbindliche Auskunft
von Walter Knoll, Steuerberater/Rechtsanwalt, und Dr. Oliver Zugmaier, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht, die Verfasser sind Gesellschafter des Steuerrechts-Instituts Knoll GmbH, München
Jedes Jahr nehmen 5.000 bis 6.000 Prüflinge an der Steuerberaterprüfung teil. Die Teilnahme an der Steuerberaterprüfung bedarf der Zulassung. Die tägliche Praxis der Autoren zeigt, dass die Zulassung in vielen Fällen nicht ohne Weiteres zu erlangen ist. Der folgende Beitrag stellt die wichtigsten Fragen rund um die Zulassung zur Steuerberaterprüfung dar.
Zulassungsvoraussetzungen
Die Teilnahme an der Steuerberaterprüfung bedarf der Zulassung (§ 35 Abs. 2 StBerG). Die Zulassung zur Steuerberaterprüfung kann nach § 36 Abs. 1, 2 StBerG über vier alternative Wege erlangt werden: › Zulassungsvoraussetzungen im Überblick
Fachliche Vorbildung
a) Hochschulstudium
In § 36 Abs. 1 StBerG wird zwischen Hochschulstudien von mindestens vier Jahren Regelstudienzeit (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 StBerG n. F.) und unter vier Jahren (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StBerG n. F.) unterschieden. Die frühere Unterscheidung zwischen Universitäts- bzw. Hochschulstudium und Fachhochschulstudium ist damit aufgegeben. Folgende Hochschulstudien erfüllen die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 StBerG:
- Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre
- Studium der Rechtswissenschaften
- Hochschulstudium mit wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtung, z. B. Diplom-Handelslehrer, Diplom-Wirtschaftsingenieur, aber auch Mathematik mit Nebenfach Betriebswirtschaftslehre (BFH v. 28. 8. 1990 – VII R 25/89, BStBl II 1991 S. 154).
Für die Abgrenzung ist die Regelstudienzeit maßgebend. Nach § 10 Abs. 2 Hochschulrahmengesetz (HRG) haben die Hochschulen in ihren Prüfungsordnungen die Regelstudienzeit anzugeben. An den Fachhochschulen sind die Praxissemester i. d. R. von der Regelstudienzeit umfasst, so dass ein Absolvent eines Fachhochschulstudiums mit sechs theoretischen und zwei praktischen Studiensemestern eine praktische Tätigkeit von zwei Jahren nachweisen muss.
Nach § 19 HRG können Hochschulen und Fachhochschulen Studiengänge einrichten, die zu einem Bachelor und zu einem Master führen. Die Regelstudienzeiten zum Bachelor betragen mindestens drei, höchstens vier Jahre, die zum Master mindestens ein Jahr, höchstens zwei Jahre. Bei den sog. Konsekutivstudiengängen, die aufeinander abgestimmt zunächst zur Graduierung als Bachelor und anschließend zur Graduierung als Master führen, beträgt die Gesamtregelstudienzeit höchstens fünf Jahre. Im Hinblick auf die Zulassung zur Steuerberaterprüfung sind diese neuen Hochschulabschlüsse nach den jeweils vorgeschriebenen Regelstudienzeiten zu beurteilen. Die Regelstudienzeiten von Bachelor- und Masterstudium werden nach § 36 Abs. 1 Satz 3 StBerG (geändert mit Wirkung vom 12. 4. 2008 durch das 8. Steuerberatungsänderungsgesetz) zusammengerechnet, so dass die berufspraktische Tätigkeit für den Zugang zur Steuerberaterprüfung nur zwei Jahre beträgt; Zeiten der praktischen Tätigkeit werden berücksichtigt, soweit sie nach dem Erwerb des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses (= Bachelorstudium) liegen.
Nach Umwandlung der Landesfinanzschulen in Fachhochschulen erfüllen die Diplom-Finanzwirte die Zulassungsvoraussetzung des § 36 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StBerG n. F. Gleiches gilt für ein Studium an einer Berufsakademie (BA). Hingegen ist ein Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) kein staatlich anerkanntes Hochschulstudium und erfüllt deshalb nicht die Voraussetzung für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung.
b) Abschluss in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf
Prüfungsbewerber nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG brauchen nicht über eine bestimmte Schulbildung zu verfügen. Erforderlich ist „lediglich“ eine bestandene Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder eine andere gleichwertige Vorbildung. Vornehmlich der Abschluss als Steuerfachangestellter ist für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung geeignet. Es ist ohne Belang, ob dem Abschluss eine mehrjährige Ausbildung vorangegangen ist oder ob der Abschluss in einer berufsbildenden Schule oder sonstigen Berufsbildungseinrichtung (§ 43 Abs. 2 BBiG 2005) erworben worden ist.
c) Gehobener Dienst der Finanzverwaltung
Die Zulassung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 StBerG hat für Finanzbeamte des gehobenen Dienstes keine Bedeutung, da sie als Diplom-Finanzwirte die für sie günstigeren Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StBerG n. F. erfüllen. Die Vorschrift ist daher nur noch für Verwaltungsangehörige ohne Fachhochschulabschluss von praktischer Bedeutung. Unter den Begriff Finanzverwaltung sind nur die Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder i. S. von § 1, 2 FVG zu verstehen. Die kommunalen und kirchlichen Steuerverwaltungen fallen nicht darunter.
Berufspraktische Tätigkeit
a) Tätigkeit auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern
Die berufspraktische Tätigkeit muss sich auf das Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern erstrecken (§ 36 Abs. 3 StBerG). Darunter ist der Kernbereich der Berufstätigkeit eines Steuerberaters zu verstehen, so dass man den Bereich nicht auf die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 StBerG enthaltene Begriffsbestimmung begrenzen kann; nach dem Sinn des Gesetzes ist vielmehr hierunter alles zu fassen, was zu den Vorbehaltsaufgaben des Steuerberaters nach §§ 1, 3, 33 StBerG gehört (Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 6. Aufl., 2009, § 36 StBerG, Rz. 9). Dazu zählt das Einrichten der Buchführung, das Erstellen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und die Mitwirkung beim Jahresabschluss (BFH v. 7. 11. 1995 – VII R 58/95, BStBl II 1996 S. 331). Das gilt jedoch nicht für Tätigkeiten i. S. des § 6 Nr. 4 StBerG, also für das Verbuchen der laufenden Geschäftsvorfälle (vgl. BMF-Schreiben v. 31. 5. 1996 – IV A4 – S 0850 – 4/96, BStBl I 1996 S. 667). Ebenfalls fällt das Fertigen der Lohnsteueranmeldungen nicht in den Kernbereich der Berufstätigkeit eines Steuerberaters. Über diese von der Rechtsprechung entschiedenen Einzelfälle hinaus zählen zum Kernbereich der Berufstätigkeit eines Steuerberaters die Erstellung von Jahresabschlüssen, das Fertigen von Steuererklärungen, die steuerliche Gestaltungsberatung, das Führen von Rechtsbehelfsverfahren u. v. m.
Auch durch das Ausüben von vereinbaren Tätigkeiten – also Tätigkeiten, die nach § 57 Abs. 3 StBerG mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar sind – können die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden. Eine Berufstätigkeit, deren Schwerpunkt auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft liegt, wird auch dann nicht als Tätigkeit i. S. des § 36 Abs. 3 StBerG anerkannt, wenn bei ihrer Erledigung steuerliche Fragen mit zu berücksichtigen sind (BFH v. 25. 10. 1994 – VII R 14/94, BStBl II 1995 S. 210). Die Tätigkeit als Rechtsanwalt erfüllt nicht ohne Weiteres die Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung (BFH v. 7. 3. 1995 – VII R 84/94, BStBl II 1995 S. 557). Die Mitarbeit einer Steuerfachangestellten bei einem Steuerberater entspricht nur dann den Zulassungsvoraussetzungen, wenn über Buchführung und Rechnungswesen hinaus auch die Steuerrechtshilfe i. S. von §§ 1, 33 StBerG Gegenstand dieser Tätigkeit ist (Kuhls in: Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, 2. Aufl., 2004, § 36 StBerG, Rz. 21).
b) Freie Mitarbeit
Die nachzuweisende berufspraktische Tätigkeit kann auch in freier Mitarbeit für einen Berufsträger ausgeübt werden, sofern keine Selbständigkeit im Sinne einer Eigenverantwortlichkeit und Weisungsunabhängigkeit vorliegt. Die Anerkennung dieser Tätigkeit setzt voraus, dass sie unter der fachlichen Aufsicht und beruflichen Verantwortung des Steuerberaters ausgeübt wird und sich insoweit von der Tätigkeit eines Angestellten nicht unterscheidet. Hat ein Prüfungsbewerber seine berufspraktische Tätigkeit ganz oder teilweise in selbständiger Berufstätigkeit für einen oder mehrere Steuerberater ausgeübt, muss sich aus dem Tätigkeitsnachweis ergeben, dass er in der Zeit seiner freien Mitarbeit „unter der fachlichen Aufsicht und beruflichen Verantwortung des Steuerberaters“ tätig gewesen ist.
c) Praktika
In jüngster Zeit ist zu beobachten, dass Unternehmen nicht nur Studenten, sondern auch fertigen Absolventen zunächst nur eine Praktikumsstelle anbieten. Dabei unterscheidet sich das Praktikum der Absolventen von einer Festanstellung i. d. R. nur durch die Höhe der Vergütung und die zeitliche Befristung. Erfüllt ein Praktikum die übrigen Voraussetzungen der berufspraktischen Tätigkeit, so kann es angerechnet werden. Zu beachten ist, dass dies nicht für das studienbegleitende Praktikum gelten kann, da es hier definitionsgemäß an der Voraussetzung des bereits abgeschlossenen Hochschulstudiums mangelt (vgl. sogleich unter d).
d) Zeitliche Abfolge
Zeiten der berufspraktischen Tätigkeit müssen bis zum ersten Prüfungstag der Steuerberaterprüfung erbracht sein. Die Steuerberaterprüfung findet bundesweit einheitlich an drei aufeinander folgenden Tagen immer in der ersten oder zweiten Oktoberwoche eines Jahres statt.
Die berufspraktische Tätigkeit kann erst nach Erfüllung der fachlichen Qualifikation geleistet werden. Ein Universitätsstudium ist in dem Zeitpunkt „abgeschlossen“, in dem eine nach dem einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsrecht zur Feststellung des Studienerfolges vorgesehene Prüfungsentscheidung ergangen ist (BFH v. 21. 1. 1999 – VII B 214/98, BStBl II 1999 S. 141). Wird das Hochschulstudium mit einer mündlichen Prüfung abgeschlossen, über deren Bestehen – wie es regelmäßig der Fall sein dürfte – im Anschluss entschieden wird, ist das Hochschulstudium mit dem Tag der mündlichen Prüfung abgeschlossen; auf die spätere Aushändigung des Prüfungszeugnisses oder Diploms kommt es nicht an – das Hochschuldiplom dient im Hinblick auf § 36 Abs. 4 StBerG lediglich dem entsprechenden Nachweis (Kuhls, a. a. O., § 36 StBerG, Rz. 8, 18). In der Zulassungspraxis wird dennoch der Tag der Aushändigung des Prüfungszeugnisses oder Diploms als Abschlusstag angenommen. Weicht der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ergebnisse von dem Zeitpunkt der Aushändigung des Prüfungszeugnisses ab, verlangen die Zulassungsbehörden eine Bestätigung der Prüfungsbehörde der Hochschule.
Durch die flächendeckende Einführung von neuen Prüfungsordnungen an deutschen Hochschulen, die regelmäßig das Abfassen einer Diplomarbeit und nicht eine mündliche Prüfung als letzte Prüfungsleistung vorsehen, kann es zu folgendem Problem kommen: Mit der Abgabe der Diplomarbeit erbringt der Student seine letzte Leistung. Die Dauer der Korrektur der Diplomarbeit liegt nicht in seinem Einflussbereich. Viele Hochschulen schreiben den Professoren keine Höchstkorrekturzeit vor. So können zwischen Abgabe der Diplomarbeit (Tag der letzten Leistung des Studenten) und Bekanntgabe der Diplomnote (nach Korrektur der Diplomarbeit) mehrere Monate liegen. Auch Korrekturzeiten von weit mehr als einem halben Jahr sind bekannt.
Mit Verweis auf die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung (BFH v. 21. 1. 1999 – VII B 214/98, BStBl II S. 141) haben die Zulassungsbehörden bis vor kurzem in solchen Fällen den Zulassungsantrag abgewiesen, wenn der Tag der Abgabe der Diplomarbeit länger als zwei bzw. drei Jahre, die Aushändigung der Diplomnote aber noch nicht zwei bzw. drei Jahre zurückliegt.
Beispiel: Studentin S hat am 2. 8. 2008 ihre Diplomarbeit abgegeben und damit ihr Studium beendet. Wahlmöglichkeiten zur Fortsetzung des Studiums bestehen nicht. Am 1. 10. 2008 beginnt sie eine berufspraktische Tätigkeit bei einer Steuerberatungsgesellschaft. Die Note ihrer Diplomarbeit wird ihr am 3. 12. 2008 bekannt gegeben. Am 17. 12. 2008 erhält sie ihre Diplomurkunde. Obwohl S ihr Studium am 2. 8. 2008 beendet hat, wird sie nicht zur Steuerberaterprüfung im Oktober 2010 zugelassen. Die Zulassungsbehörden betrachten den 3. 12. 2008 als Tag der Beendigung des Studiums.
In einem vom Steuerrechts-Institut Knoll unterstützten Musterverfahren hat der BFH mit Urteil vom 21. 11. 2006 (VII R 39/06, DStR 2007 S. 155, mit Anm. Hoffmann/Zugmaier) dieser restriktiven Zulassungspraxis eine Absage erteilt: Das Hochschulstudium ist mit der Abgabe der Diplomarbeit abgeschlossen, sofern die einschlägige Prüfungsordnung keine weiteren, ggf. auch freiwilligen Prüfungen (zur Notenverbesserung) vorsieht. Auf die Korrektur der Diplomarbeit kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Ausstellung des Diplomzeugnisses.
Fortführung des Beispiels: Für Studentin S bedeutet die BFHEntscheidung, dass ihre Berufstätigkeit ab dem 1. 10. 2008 anerkannt wird. Bis zur Steuerberaterprüfung 2010, deren schriftlicher Teil vom 5. bis 7. 10. 2010 stattfinden wird, hat sie die zweijährige berufspraktische Tätigkeit absolviert.
Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Kandidat nicht freiwillig an einer Zusatzprüfung zur Verbesserung seiner Note teilnimmt. Diese Zusatzprüfung kann z. B. in einer mündlichen Prüfung zu den Thesen der Diplomarbeit oder in der vollständigen Neuabfassung einer Diplomarbeit liegen. In diesem Fall kann ein Bewerber nicht argumentieren, die Voraussetzungen für die Zulassung hätten bereits vor der Zusatzprüfung bestanden, da diese nur eine Verbesserung, nicht aber das grundsätzliche Bestehen des Studiums zum Gegenstand habe. Hier stellt der BFH zurecht auf das Erlangen zusätzlicher (theoretischer) Kenntnisse ab. Dieses ist nicht beendet, solange noch Prüfungen (sei es auch nur zur Verbesserung) ausstehen, da davon ausgegangen werden kann, dass der Kandidat sich auch auf die Zusatzprüfung (theoretisch) vorbereitet. Ein so gelagerter Fall lag auch dem o. g. Beschluss vom 21. 1. 1999 zugrunde.
e) Umfang der berufspraktischen Tätigkeit
Die berufliche Tätigkeit kann auch in Teilzeit ausgeübt werden. Teilzeitbeschäftigungen, die sich in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden auf das Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern erstrecken, werden wie eine Vollzeittätigkeit berücksichtigt (§ 36 Abs. 3 StBerG). Bei weniger als 16 Wochenstunden wird die Tätigkeit nicht – auch nicht anteilig – anerkannt. Als Nachweise (vgl. § 36 Abs. 4 StBerG sowie unten 3.) sind entsprechend detaillierte Bescheinigungen mit Angabe der Wochenstundenzahl erforderlich.
f) Dauer der berufspraktischen Tätigkeit
Der Zeitraum der berufspraktischen Tätigkeit beträgt von Bewerbern mit •Hochschulabschluss bei einer Regelstudienzeit von mindestens vier Jahren: zwei Jahre (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 StBerG n. F.)
- Hochschulabschluss bei einer Regelstudienzeit von weniger als vier Jahren: drei Jahre (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StBerG n. F.)
- Fachschulabschluss: vier Jahre (§ 156 i. V. m. § 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG)
- Tätigkeit als Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung: sieben Jahre (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 StBerG)
- Abschluss eines kaufmännischen Ausbildungsberufs: zehn Jahre (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG)
- Abschluss als „Geprüfter Bilanzbuchhalter“ oder als „Steuerfachwirt“: sieben Jahre (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG).
Hat der Prüfungsbewerber einen Abschluss in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf (oder eine andere gleichwertige Vorbildung), muss er nach Abschluss der Ausbildung eine berufspraktische Tätigkeit von mindestens zehn Jahren nachweisen (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG). Mit der erfolgreich abgelegten Prüfung zum geprüften Bilanzbuchhalter oder Steuerfachwirt verkürzt sich die berufspraktische Tätigkeit auf sieben Jahre. Wer als Steuerfachangestellter den Beruf des Steuerberaters anstrebt, kann mit Ablegen der Steuerfachwirtprüfung/Prüfung zum Bilanzbuchhalter (BiBu) nicht nur die berufspraktische Tätigkeit um drei Jahre verkürzen, sondern steigert auch seine Erfolgsaussichten in der Steuerberaterprüfung: Bei den Prüfungsbewerbern mit zuvor abgelegter Steuerfachwirt- oder Bilanzbuchhalterprüfung war die Durchfallquote in den vergangenen Jahren gegenüber den Steuerfachangestellten (ohne Steuerfachwirt- oder Bilanzbuchhalterprüfung) deutlich geringer. Sie bleibt sogar unter der Durchfallquote der Hochschulabsolventen.
Gesetzlicher Mutterschutz wird in der Zulassungspraxis – trotz gegenteiliger Gerichtsentscheidungen (BFH v. 17. 7. 1973 – VII R 71/72, BStBl II 1973 S. 749; FG Saarland v. 20. 8. 2002 – 2 K 249/ 01) – auf die Zeiten der berufspraktischen Tätigkeit angerechnet, nicht jedoch Erziehungsurlaub/Elternzeit nach § 15 BErzGG (BFH v. 5. 12. 2000 – VII R 18/00, BStBl II 2001 S. 263). Längere Krankheitszeiten sind nicht anrechenbar. Zeiten für den Besuch von ganztägigen Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung sind nicht auf die notwendige Mindestzeit der praktischen Tätigkeit anrechenbar, da es sich hierbei nicht um eine berufspraktische Tätigkeit handelt.
In größeren Steuerberater- und Wirtschaftsprüfungskanzleien ist es Usus, dass die Steuer- und Wirtschaftsprüfungsassistenten den Urlaub von zwei Jahren ansparen, um ab Juni/Juli des Prüfungsjahres in die Freistellung (study leave) zu gehen. Soweit es sich dabei um den Jahresurlaub handelt, gilt die Freistellungsphase als berufspraktische Tätigkeit. Hingegen werden unbezahlter Urlaub, Überstundenausgleich und die Umwandlung von Bonusansprüchen in Zeitguthaben nicht auf die notwendige Mindestzeit der berufspraktischen Tätigkeit angerechnet. Auch die – zugegebenermaßen findige – Kombination von Jahresurlaub des laufenden oder des Vorjahres mit einer Freistellung aus anderen Gründen (z. B. Überstundenausgleich, unbezahlter Urlaub) innerhalb einer Woche (z. B. Mo-Mi: Jahresurlaub, Do/Fr: Überstundenausgleich) führt nicht zu einer anrechenbaren Tätigkeit von 16 Wochenstunden.
Grundwehrdienst, Wehrübungen und Zivildienst werden grundsätzlich auf die Zeiten der berufspraktischen Tätigkeit angerechnet. Bisher war eine Anrechnung jedoch ausgeschlossen, wenn die vorgeschriebene praktische Tätigkeit drei oder weniger Jahre betrug. Für Hochschulabsolventen war eine solche Anrechnung des Wehr- und Zivildienstes somit nicht möglich. Mit dem Streitkräftereserve-Neuordnungsgesetz v. 22. 4. 2005 (BGBl I 2005 S. 1106) wurde § 13 Abs. 1 ArbPlSchG dahingehend geändert, dass an die Stelle der dreijährigen Mindestzeit nun eine einjährige Untergrenze tritt, so dass die Änderung zur Folge haben könnte, dass der Wehr- und Zivildienst nun auch bei der zwei- und dreijährigen berufspraktischen Tätigkeit (§ 36 Abs. 1 Satz 2 und 3 StBerG n. F.) angerechnet werden könnte, sofern eine Zeit von einem Jahr nicht unterschritten wird. Es spricht jedoch einiges dafür, dass mit dem Begriff der „Lehrabschlussprüfung“ in § 13 Abs. 1 ArbPlSchG kein Studium i. S. des § 36 Abs. 1 StBerG, sondern ausnahmslos eine kaufmännische Ausbildung i. S. des § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG gemeint ist.
Die berufspraktische Tätigkeit muss weder fortlaufend noch innerhalb einer bestimmten Zeitspanne geleistet werden. Die nach der unterschiedlichen fachlichen Vorbildung jeweils vorgeschriebene Gesamtdauer muss aber bei der Zulassung zur Prüfung erreicht sein. Hat ein Bewerber die mehrjährige berufspraktische Tätigkeit noch nicht ganz abgeleistet, so wird die Zulassung unter der Bedingung, dass diese Voraussetzung spätestens bei Beginn der schriftlichen Prüfung voll erfüllt ist, erteilt (§ 6 Abs. 2 DVStB). Abschließend sei darauf hingewiesen, dass in der Zulassungspraxis die Mindestdauer der berufspraktischen Tätigkeit sehr streng gehandhabt wird. Fehlt es auch nur an einem einzigen Tag der berufspraktischen Tätigkeit, wird die Zulassung zur Steuerberaterprüfung versagt.
Zulassungsverfahren
Das Zulassungsverfahren ist in den §§ 1 bis 7 DVStB geregelt. Das am 12. 4. 2008 in Kraft getretene 8. Steuerberatungsänderungsgesetz hat die Zuständigkeit für die Zulassung (und auch organisatorische Durchführung) zur Steuerberaterprüfung auf die Steuerberaterkammern übertragen (§ 35 Abs. 5 StBerG n. F.). Die Anträge auf Zulassung zur Prüfung sind nach § 1 Abs. 2 DVStB bis zu einem von der zuständigen Steuerberaterkammer zu bestimmenden Zeitpunkt einzureichen. Der Antrag auf Zulassung ist bei der zuständigen Steuerberaterkammer zu stellen (§ 1 Abs. 1 DVStB). Örtlich ist diejenige zuständig, in deren Bereich der Bewerber im Zeitpunkt der Antragstellung vorwiegend beruflich tätig ist oder – sofern der Bewerber keine Tätigkeit ausübt – er seinenWohnsitz hat (§ 37b StBerG).
Die Durchfallquoten in den einzelnen Bundesländern variieren nicht unbeträchtlich (z. T. über 30 % Unterschied zwischen dem „besten“ und dem „schlechtesten“ Bundesland). Ein „Prüfungstourismus“, also der gezielte Wechsel des Orts der beruflichen Tätigkeit (der in größeren Kanzleien anscheinend problemlos möglich ist) bzw. des Wohnorts im Zeitpunkt der Antragstellung von einem Bundesland in ein anderes, muss aber nicht unbedingt die Erfolgsaussichten steigern. So haben aufgrund der „Horrordurchfallquote“ von 79,68 % in Berlin in der Steuerberaterprüfung 2003/2004 etliche Kandidaten für die Prüfung 2004/2005 ins benachbarte Brandenburg „gewechselt“. Die Durchfallquote in Brandenburg war dann jedoch im Termin 2004/ 2005 mit 47,87 % um mehr als zwei Prozentpunkte höher als in Berlin (45,60 %).
Anträge auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung sind nach amtlichem Vordruck (§ 4 DVStB) zu stellen. Nach § 6 Abs. 1 DVStB gilt die Zulassung nur für die Teilnahme an der nächsten Steuerberaterprüfung. Für eine spätere Prüfung bedarf es einer erneuten Zulassung; Gleiches gilt für Prüfungswiederholer. Für die Bearbeitung des Antrags auf Zulassung ist eine Gebühr von 200 € zu entrichten (§ 39 Abs. 1, § 164b Abs. 1 StBerG). Mit der Bearbeitung der Zulassungsanträge wird erst begonnen, wenn die Zulassungsgebühr eingegangen ist. Zieht der Prüfungsbewerber seinen Zulassungsantrag nach der Entscheidung über den Antrag zurück, wird die Zulassungsgebühr nicht erstattet. Wird der Zulassungsantrag dagegen vor der Entscheidung über den Antrag zurückgenommen, wird die Hälfte der Gebühr zurück gewährt (§ 164b Abs. 2 StBerG). Gegen die ablehnende Entscheidung der Zulassungsbehörde kann der Antragsteller – wie auch bei der Anfechtung von Prüfungsentscheidungen (vgl. hierzu Wittmann/Zugmaier, NWB Fach 30 S. 1519 ff.) – unmittelbar Klage beim FG erheben (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO). Der Einspruch ist nicht statthaft (§ 348 Nr. 3, 4 AO). Eine Zulassung zur Prüfung durch einstweilige Anordnung ist – weil das die Vorwegnahme der Hauptsache wäre – regelmäßig nicht zulässig (BFH v. 9. 12. 1969 – VII B 127/69, BStBl II 1970 S. 222). Nur wenn die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als unumgänglich anzusehen ist, kommt die Zulassung zur Steuerberaterprüfung im Wege der Regelungsanordnung nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO in Betracht (BFH v. 20. 9. 1988 – VII B 129/88, BStBl II 1988 S. 956).
Für die Prüfung hat der Bewerber bis zu einem von der zuständigen Steuerberaterkammer zu bestimmenden Zeitpunkt eine Gebühr von 1.000 € an die zuständige Steuerberaterkammer zu zahlen (Prüfungsgebühr). Zahlt der Bewerber die Gebühr nicht rechtzeitig, so gilt das nach § 39 Abs. 2 Satz 2 StBerG als Verzicht auf die Zulassung zur Prüfung!
Verbindliche Auskunft
Hat der Prüfungsbewerber Zweifel, ob und inwieweit die Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erfüllt sind, kann er eine verbindliche Auskunft nach § 38a StBerG beantragen. Der Antrag muss auf amtlichem Vordruck erfolgen (§ 7 Abs. 1 DVStB) und lässt eine Gebühr von 200 € fällig werden (§ 39 Abs. 1 StBerG).
Fazit
Für Prüfungsbewerber, die als Angestellte eines Steuerberaters oder einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Vollzeit tätig sind, gibt es in der Zulassungspraxis i. d. R. keine Probleme. Die Problemfälle betreffen vor allem Teilzeitkräfte mit nicht ausschließlichen Aufgaben i. S. des § 36 Abs. 3 StBerG sowie Tätigkeiten im Rechnungswesen. Aber auch Bewerber aus der freien Wirtschaft haben mitunter Schwierigkeiten, weil ihre Tätigkeit überwiegend im betriebswirtschaftlichen Bereich angesiedelt ist. Für alle diese Prüfungsbewerber ist entscheidende Voraussetzung für die Prüfungszulassung, dass sich aus der Bestätigung des Arbeitgebers zweifelsfrei ergibt, dass sich die Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden auf das Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern (= Kernbereich der Berufstätigkeit eines Steuerberaters) erstrecken.