Hallo Ihr Lieben,
plötzlich Steuerberater und die Welt steht euch offen?
Aber eigentlich fühlt ihr euch in eurem Steuerbüro sehr wohl und eine andere Struktur kommt für euch nicht in Frage?
Jetzt steht ihr vielleicht vor der Frage übernehme ich dieses Steuerbüro oder schnappe ich mir (heimlich) meine Mandanten und mache mich Selbstständig oder fange ich ganz neu bei 0 an?
Raus aus der Arbeitslosenversicherung und rein ins volle Risiko?
An dieser Fragestellung im Leben angekommen gibt es kein richtig oder falsch!
Ihr würdest vor dieser Frage nicht stehen, wenn ihr nicht in der Lage währt euch super selbst zu organisieren, Lust darauf hättet euer eigener Chef zu sein, eigene Mandanten zu betreuen und in eurer Zeiteinteilung frei zu sein …
Wie Frei sind Selbstständige wirklich?
Selbst und Ständig?
Wenn ihr keine bestehende gewachsene Kanzlei übernehmt seid ihr erst einmal allein, kein Austausch mit Kollegen, keine Vertretung … selbst und ständig …
Das ALLES spielt aber keine Rolle, wenn ihr das wirklich wollt. Vernetzt euch, tut euch zusammen …
Neben diesen Themen sollten wir auch hier über so profane Dinge wie Geld, Kinder, Work-Live-Balance reden.
Natürlich bemühen wir auch hier als erstes mal die Grundrechenarten und finden heraus was es bedeutet keine monatliche Gehaltszahlung mehr zu erhalten, keinen bezahlten Urlaub, Mutterzeit und bezahlte Krankheit …
Freizeitlernerin hatte im Blog Pro und Contra konkrete Fragestellungen, welche ich hier mal aufgreife:
– Wie finanziere ich eine eigene Kanzlei, wie lange läuft so eine Finanzierung.
– Mit welchen Kosten muss bei einem Kanzleikauf gerechnet werden, was sind die „üblichen“ Zahlungsmodalitäten? Einmalzahlung, Ratenzahlung, anteiliger Gewinn?
– Ist eine komplette Neugründung in der heutigen Zeit noch so einfach machbar?
Und zu guter Letzt natürlich die Frage die über allem steht:
– Wie „groß“ muss eine Kanzlei sein, damit mir auch in der Selbständigkeit ein vergleichbares Gehalt von ca. 75.000 € Brutto bleibt?
Es wäre schön, wenn wir diesen Blog und die anonymen Avatare dafür nutzen würden diese Geheimnisse zu lüften 😉
Auch hier wieder die große bitte an alle Ehemaligen der letzten Jahre, teilt eure Erfahrung mit uns, wie lief bei euch der Start in die Selbstständigkeit? Welche Hürden tauchten plötzlich auf, was würdet ihr den Neustartern raten und mit auf den Weg geben. Hat sich der Schritt gelohnt? Wie hoch ist euer tatsächliches Einkommen. Bitte gebt euer Bundesland bei euren Kommentaren mit an.
Ich bewundere den Mut, die Selbstständigkeit in dieser Branche zu wagen, ich hätte diesen Mut nicht. Meine Option wäre, sollte ich jemals diesen Titel bekommen und Lust auf Veränderung haben, in Teilzeit als Angestellte zu arbeiten und nebenberuflich einige Mandanten zu betreuen…
Ich wünsche euch viel Kraft und ganz viel Erfolg,
zieht aus um die Besten in eurer Stadt zu werden, Mittelmaß ist keine Option 😉
LG aus Berlin
Beate
P.S. Die FB der Fächer folgen zum WE
Danke für den Thread! Ich habe die Prüfung bestanden und habe vor, mich nächstes Jahr selbstständig zu machen.
Da Gewerbemieten sehr teuer und durch lange Laufzeiten geprägt sind, und ein Grundstück vorhanden ist, werde ich bis zum nächsten Sommer bauen und die Kanzleiorganisation vorbereiten.
Selbständig war ich vor Jahren schon einige Zeit in einem anderen Bereich, was ich sehr schätzte, war die freie Zeiteinteilung, ich hatte sehr niedrige Fixkosten, also war ich sehr flexibel. Allerdings darf man als Solo-Selbständiger nicht krank werden. Urlaub habe ich tatsächlich sogar 5 Wochen am Stück gemacht, das wäre angestellt nie gegangen.
Jetzt würde ich gern 1-2 Angestellte beschäftigen (Thema Krankheit und Urlaub), muss natürlich auch von den Mandaten her passen. Ich weiß noch nicht, ob ich Mandanten übernehmen kann oder es ein Start auf der grünen Wiese wird. Ich kann zunächst familienbedingt auch nur in Teilzeit arbeiten. Daher ist dann die Flexibilität wieder ein wichtiger Punkt. Meine Kanzlei wäre fußläufig erreichbar, also geht keine Zeit fürs Fahren drauf.
Ich bin gespannt, wie weit andere hier in der Planung sind, eine Aufstellung der zu erwartenden Fixkosten, Tipps zu Datev-Alternativen, wie lange so eine Anlaufphase voraussichtlich dauert wenn man bei 0 anfängt usw.
Sorgen ums Risiko mache ich mir nicht, im Zweifel bevor man in die Insolvenz oder den Hungertod geht, eben wieder in die Anstellung.
Hier stehe ich bisher noch am Anfang.
Ich habe mich 2018 als Buchhalter selbständig gemacht, dann 2019 den Steuerfachwirt und 2020 den Steuerberater abgeschlossen.
Die Umwandlung meiner UG in eine Steuerberatungsgesellschaft sowie die Bürosuche haben noch etwa 3 Monate in Anspruch genommen aber dann konnte es Mitte 2020 endlich losgehen 🙂
BÜRO
Bezahlbare Büroräume findet man eigentlich immer, man muss halt am Anfang irgendwo Abstriche machen. Zur Zeit habe ich 2 Räume + Parkplatz für rund 700€ netto, das ist bezahlbar.
Das Büro habe ich sehr schön eingerichtet, unter anderen mit modernen höhenverstellbaren Schreibtischen. Ich schätze, dass ich rund 6.000€ – 7.000€ netto für die Büroeinrichtung ausgegeben habe (Schreibtisch, Bildschirme, PC, hochwertige Bürostühle, Büroschränke, etc.).
Bei der Hardware kann ich empfehlen diese gebraucht zu kaufen, gibt diverse Anbieter die z.B. gebrauchte Thinkpads zu Spottpreisen verkaufen. Man spart an der Stelle wirklich massiv.
Allgemein lohnt es sich auch bei Ebay-Kleinanzeigen zu schauen, Tisch und Stühle für den Besprechungsraum habe ich quasi umsonst bekommen.
SOFTWARE
DATEV – was sonst 😉 Spaß beiseite, ich nutze DATEV seit Beginn der Ausbildung in 2017 und würde nie was anderes nehmen. Sie sind ja nicht umsonst Marktführer. Es gibt sicher billigere Anbieter aber daran sollte man eher nicht sparen.
Ich nutze SmartIT von DATEV und kann also remote arbeiten und muss mich um nichts kümmern. Preise sind die ersten 3 Jahre rabattiert und bezahlbar. Aktuell etwa 400€ netto glaube ich.
Das geht aber auch günstiger (Einzel-Steuerberater und Einzelplatzlösung bei DATEV, kostet glaube ich keine 50€ im Monat – man muss dann aber auch Backups und Updates alleine machen).
RECHTSFORM
Zur Zeit firmiere ich noch als UG, werde aber irgendwann 2021 oder 2022 das Stammkapital erhöhen. Notwendig ist das aber als Steuerberatungsgesellschaft nicht wirklich, es interessiert schlicht niemanden – der Begriff „Steuerberatungsgesellschaft“ vermittelt bereits die notwendige Seriösität.
Ich habe mich für die Kapitalgesellschaft entschieden weil ich a) die zusätzliche Haftungsbegrenzung möchte und b) eine Holding-Struktur aufbauen werde.
Nachteile sind aber z.B. die umständlichen Regelungen bzgl. GF-Gehalt aber auch die Kosten sind höher:
– Versicherung will bei Steuerberatungsgesellschaften mehr Geld
– Kammer will doppelte Kammerbeiträge (StB+Gesellschaft) und die Bestellungsgebühr ist höher
PERSONAL
Tja, zur Zeit mache ich noch alles selbst. Geplant sind 1-2 Angestellte bis Ende 2021, ich kenne zum Glück wechselwilliges Personal 🙂
Zur Zeit geht es eher darum genügend Mandanten zu akquirieren, da bin ich aber zuversichtlich.
GEHALT
Ich mache ich im Schnitt 11.000€ Umsatz im Monat und zahle mir ein Gehalt von etwa 6.500€ – mehr geht aktuell nicht. Aber ist ja für den Anfang nicht schlecht.
Aktuell arbeite ich vielleicht 25-30h im Monat, da ist also noch ordentlich Platz nach oben.
FAZIT
Ich würde es wieder so durchziehen. Man muss aber realistisch sein, es ist viel Arbeit und man kann sich am Anfang auf niemanden verlassen außer auf sich selbst.
Die richtigen Herausforderungen kommen außerdem erst, Personal einstellen, Mandanten finden, etc. Wird also noch viel Arbeit aber man muss sich vor keinem Chef mehr rechtfertigen – alleine dieser Punkt wiegt alles auf für mich 🙂
Zu guter Letzt noch ein Punkt, viele Kanzleien arbeiten auch heute noch mit Papierakten, bei mir ist alles digital (Ausnahmen gibt es natürlich immer)! Also DATEV DMS, digitales Fristenkontrollbuch, Posteingang/Postausgang digital.
Kein Aktenmief mehr oder 70jährige Chefs die von dem „neumodischen Kram“ nichts hören wollen 😉
Wie hast du es denn geschafft 2020 den Steuerberater Titel zu erwerben, wenn du erst 2017 die Ausbildung begonnen hast?
STB2020: arbeitest du 25-30h pro Woche oder tatsächlich im Monat? Das Gehalt lässt sich doch absolut sehen! Darf ich fragen, wie viele Mandanten du betreust undwie dieStrukturist, also wenige Großgesellschaften, viele kleine…? Hast du die nach und nach alle selbst akquiriert oder anfangs einen Stamm übernommen?
Sollte natürlich 2007 statt 2017 heissen.
Nur Schreibfehler, kommt davon wenn man am Handy schreibt 🙂
Sollte natürlich 25-30 Wochenstunden heißen.
Mandanten:
Paar GmbHs/UGs und ansonsten nur kleine Gewerbetreibende/Freelancer. Nix besonderes.
Aber ja, alles selber akquiritert über die Jahre.
Ist in Berlin aber auch kein Problem – suchen genügend Leute einen StB.
@StB2020 wow, das klingt richtig gut was du schreibst. Beeindruckend, was du in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt hast. Für mich ist die Selbstständigkeit auch auf alle Fälle ein Thema, bin allerdings noch ganz am Anfang meiner Überlegungen und verfüge auch noch nicht über so viel Berufserfahrung im Kanzleialltag, da ich eher die Akademikerin bin. Ich bin es seit Jahren gewohnt komplett frei und selbständig zu arbeiten und die Vorstellung in einer Festanstellung zu sein schreckt mitunter ab.
Es spukt mir die Idee im Kopf herum, so Lean-Start-Up mäßig ganz klein anzufangen, wahrscheinlich zunächst im Nebenerwerb. Mich zu Verschulden und direkt Angestellte mit zu übernehmen kommt nicht in Frage.
Kannst du Netzwerke, Literatur oder Social-Media-Kanäle empfehlen, wo ich Gleichgesinnte und Vorbilder finden könnte?
@ Beate: Vielen Dank, dass du dich noch an mich erinnert hast und diesen Beitrag eröffnet hast.
STB2020 hat ja schon ein paar sehr interessante Einblicke gegeben.
Ich hoffe mal, dass sich auch noch jemand bezüglich „Einstieg“ bzw. „Partnerschaft“ meldet und uns auch hier ein bisschen was zu den Rahmenbedingungen berichten kann.