Master und die Tour de France

So wie gestern schon angekündigt hier die Anekdote von unseren Masterklausuren. Aufgebaut waren diese wie die Examensklausuren nur eben auf 4 Stunden gekürzt. Tag 1 – Klasse Gefühl, man ging richtig zufrieden raus, Tag 2 – mulmiges Gefühl, das erste Ärgern über die Klausuren war da, Tag 3 – große Sorge und pure Angst. Ein Kollege fasste dies sehr treffend zusammen:

Ich bin wie ein Tour de France Fahrer, gestern die Klausur war ne Sprintetappe, da komme ich ziemlich gut durch.

Heute ist ne leichte Bergetappe, ich werde nicht gewinnen, aber auch nicht komplett abgehängt.

Morgen ist die Hochalpenetappe…hauptsache ich bleibe im Sattel und schaffs im Zeitlimit ins Ziel.

Nun sind mittlerweile die Noten bekannt und gruseligerweise war mein Gefühl komplett falsch – Bilanz war die beste Klausur, Ertragsteuern auch gut und Misch befriedigend, so kann man sich also beim Gefühl täuschen 😂

Und die Lektion daraus? Manchmal sollte man auch was Vertrauen haben und nicht auf sein Gefühl hören! Ist euch das auch bereits bei den Vorbereitungsklausuren untergekommen?

5 Gedanken zu „Master und die Tour de France

  1. Hallo Phillip,

    ich habe letztes Jahr meine Prüfung geschrieben. Zu deiner Anekdote und dem Thema Angst oder Vertrauen in sich selbst. Ich will dir und den anderen Mut machen.

    Kurz zu mir: Ich habe nicht den besten Werdegang. Ich komme aus der Hauptschule und habe eine Migrationshintergrund. Im frühen Alter hatte ich schon gemerkt, dass ich unbedingt etwas erreichen möchte in meinem Leben. Einen Beruf haben, zu denen Leute aufschauen. Das Ziel Steuerberater zu werden kam mir dann in der 9. ten Klasse in Sinn. Kurz recherchiert und ein Praktikum gemacht. Ja, und dann Irgendwann hat es klick gemacht. Habe dann Gas gegeben und mein Realabschluss mit Quali gemacht. Anschließend mein Abitur und meine Ausbildung zum StFa. Später dann ein Studium mit Fokus Steuerrecht.

    Ich habe mich selber immer unter Druck gesetzt um an diesen Titel dranzukommen. Um so näher der Tag kam, um so nervöser wurde ich. Ich hatte oft extreme Zweifel, ob ich diese Prüfung jemals bestehen werde oder ob ich dem Titel würdig bin. Dadurch hatte ich mich die Wochen davor selber extrem verrückt gemacht. In dem Intensivklausurenkurs einen Monat vor dem Examen habe ich KEINE EINZIGE KLAUSUR BESTANDEN, und wir hatten knapp 21 Stück geschrieben! Mit jeder weiteren nicht bestandenen Klausur wurde das Gefühl des Versagens immer schlimmer! Das nur, weil ich zu zielstrebig war und mich zu sehr unter Druck gesetzt habe.

    Kurz vor dem Echtexamen habe ich, kein Witz, knapp 8 Kilo innerhalb von zwei Wochen abgenommen. Nichts gegessen oder getrunken.

    Aber ich wollte unbedingt diesen Titel, meine Letzte Etappe, wenn du es so magst :).

    Am Tag der Klausur war ich so nervös, das ich keine einzige Minute schlafen konnte. Entsprechend war die Konzentration schlecht. Nun kommts, am dritten Tag beim Examen bin ich in Ohnmacht gefallen und war für 1-1,5 Stunden nicht mehr fähig irgendwie zu denken oder zu schreiben. Ich hatte extrem viel Zeit verloren und wir wissen alle, wie wichtig die Zeit beim Echtexamen doch ist. Die Aufsicht wollte einen Krankenwagen rufen, aber ich habe mich dagegen entschieden, weil ich kein „ich-gebe-auf-Typ“ bin und nicht jetzt aufgeben wollte. Also habe ich mich um knapp 12,30 Uhr nochmal hingesetzt und irgendwie alles mögliche hingeknallt was mir in dem Moment in den Kopf kam. Am Ende habe ich noch 10 Minuten überlegt, ob ich nicht zurücktreten will.

    Nach diesen drei Tagen war ich so fertig, ich kann es nicht erklären. Ich wusste diese Prüfung habe ich im Leben nicht bestanden, weil ich zu viele Fehler gemacht habe und zu nervös war.

    Dann kam der Tag mit den Ergebnissen
    Tag 1 5,0
    Tag 2 4,0
    Tag 3 (unglaublich aber wahr) 4,5

    Ich hatte doch tatsächlich den dritten Tag bestanden. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Ich war zur mündlichen eingeladen mit einer 4,50 im Schnitt.

    Ich habe dann Ab Dezember keine Minute mehr verschwendet und jeden Tag bis April gelernt, weil ich mir das nicht mehr nehmen wollte. Knapp 45 Vorträge geübt und BWL, VWL, BGB rauf runter.

    Dann noch in der zwischenzeit Onkel und Oma verstorben, kurz vor der Prüfung ist dann noch die Nachricht eingetrudelt, dass meine Frau schwanger ist (Noch mehr Druck! 🙂

    Kurz:
    Nun ja, mündliche lief super. Vortrag als bester gehalten.
    Ergebnis: Seit April bin ich Steuerberater!

    Fazit: Gibt niemals auf, glaubt an euch auch wenn ich es nicht getan habe. Ich wünsche jedem Erfolg und Glück bei dieser Prüfung.

    Gruß
    Eddy

  2. Hallo Eddy,

    erstmal tiefsten Respekt für deinen Werdegang!
    Deine Geschichte vom Examen hat mir definitiv Mut gemacht. Aktuell ist mir noch unklar wie ich die Punkte für die 4.0 sammeln soll aber ich erhoffe mir vom Klausurenkurs und den letzten zwei Klausurtechniktagen da vielleicht noch eine Erkenntnis – den am Ende ist Zeit das Problem, auch wenn du mir da echt Mut machst!

    Beste Grüße
    Philipp

  3. Okay Philipp,

    dann der nächste Mutmacher:

    Ich habe 1991 meine Gesellenprüfung als Koch abgelegt, habe nach der Bundeswehr 1996 eine Umschulung zum Steuerfachangestellten begonnen und 1998 erfolgreich abgeschlossen. 2016 waren die Kinder alt genug, so dass ich den Versuch starten konnte das StB-Examen abzulegen. Das Problem war, dass nicht nur meine Kinder älter geworden waren, sondern ich ebenfalls.
    Tag 1 lief gefühlt ganz okay. Tag 2 (der legendäre Lohnsteuer- und Bauabzugsteuertag) lief für mich, als Praktiker, gefühlt super. Tag 3 war der Horror, völliger Blackout. Nach 1 Stunde noch nicht ein Wort zu Papier gebracht. Dann mir selbst in den Arsch getreten, und einfach losgeschrieben. Tatsächlich Klausur noch komplett fertiggebracht, natürlich nicht ausführlich aber fertig.
    Letztlich hat es trotzdem nicht gereicht. Tag 3 brachte zwar eine völlig überraschende 4,5, aber die ersten beiden Tage waren schlechter.
    Ich hatte dann beschlossen, dass ich es noch ein zweites Mal versuchen werde.
    Aber es war klar ausgemacht, es bleibt bei dem 2. Versuch. Den Stress wollte ich weder mir noch meinem Umfeld ein drittes Mal aussetzen. Wenn es nicht reichen sollte wäre es eben so.
    Im Lauf der Vorbereitung stellte ich dann fest das nicht das Wissen, sondern in erster Linie die Klausurentaktik mein größtes Problem war.
    Daran wurde also primär gearbeitet. Fußgängerpunkte sollten tatsächlich nicht liegengelassen werden.
    In 12 Wochen bei Haas bestand ich so sämtliche 6-Stunden Tag 1 Klausuren. Bis auf eine alle 6-Stunden Tag 2 Klausuren, und bis auf drei alle 6-Stunden Tag 3 Klausuren.
    Es konnte also losgehen, Tag 1 lief wie immer gut, keine Ahnung wie gut aber es musste gereicht haben. Tag 2 lief eher mittelprächtig, das wusste ich schon nach der Abgabe. Ich hatte wieder die selben Fehler bei beschränkter Steuerpflicht gemacht , wie schon in der Vorbereitung. Das war also wohl ein Fehlschuss. Blieb noch Tag 3, der wiederum lief ordentlich und ich war zufrieden. Aber es war klar, das es knapp werden würde. Die Zeit bis zu den schriftlichen Ergebnissen kurz vor Weihnachten war somit die Hölle. Im Laufe des Tages trudelten die Ergebnisse meiner „Mitschüler“ in unserer WhatsApp-Gruppe ein und gefühlt jeder hatte bestanden. Nur mein Umschlag war noch ungeöffnet , weil ich meiner Frau versprochen hatte mit dem öffnen zu warten. Ich wusste nur statistisch gesehen konnte ich gar nicht bestanden haben, das hatten ja alle anderen schon geschafft. Letztlich waren die Noten dann 4,5/5,0/4,0
    Ich hatte es tatsächlich in den Recall geschafft. Am 13.02.2018 war es soweit. Der ehemalige Koch, und Umschüler, ohne Abitur hatte mit 47 Jahren seine mündliche Prüfung. Um es kurz zu machen am 27.03.2018 wurde ich zum Steuerberater bestellt.
    Also nie aufgeben, und immer weiterkämpfen. Es wird abschließende belohnt.

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